Eine meditative Atmosphäre erzeugen im Innenraum der Matthäuskirche die farbigen Glasscheiben, die nach einem Entwurf von Theo Baumann umgesetzt wurden. Die Matthäuskirche selbst ist nach Entwürfen des weltberühmten Architekten Egon Eiermann 1951-1953 erbaut worden. 3. Matinee zur Stadtgeschichte
Stadtteilrundgang im Arlinger Reportage mit Hintergründen zu Kultur und Geschichte des Pforzheimer Stadtteils Sonntag, 2. Mai 2004 |
Die Matthäuskirche in Pforzheims Stadtteil Arlinger
Architektur hat mit Kunst nichts zu tun, ist reine Gedanken-Arbeit. Architektur entsteht heute nach ökonomischen, konstruktiven und funktionellen Gesetzmäßigkeiten.
Egon Eiermann
1953 fotografierte Robert Häusser die neue Matthäuskirche. Das Gotteshaus war damals in eine Obstbaumwiese hineingepflanzt worden. International fand die Architektur-Auffassung von Egon Eiermann starke Beachtung. Und noch heute „pilgern“ Architektur-Fans aus der ganzen Welt in den Pforzheimer Stadtteil Arlinger, um die Matthäuskirche in natura zu betrachten.
1997 fotografierte Klaus Kerth den lichtdurchfluteten Innenraum der Matthäuskirche.
Die Matthäuskirche wurde als Sichtbeton-Skelettbau nach dem Vorbild von Industriebauten
in den Jahren 1952/53 von Prof. Egon Eiermann erbaut. Im Untergeschoß ist der Kindergarten untergebracht, vor dem Neubau des Gemeindezentrums auch der Gemeindesaal: der Ort des Gottesdienstes erhebt sich auf der Grundlage des Gemeindelebens und der diakonischen Arbeit.
Der Kirchenraum unterscheidet sich von der Außenwelt durch das von allen Seiten einströmende, vielfarbige Licht.
Aus dem Trümmersplitt des am 23.2.1945 fast völlig zerstörten Pforzheim sind die Hohlblocksteine hergestellt, in deren Laibungen farbige Dickglasscheiben nach einem Entwurf von Theo Baumann eingebracht wurden. Mit Ausnahme der Verglasung und der Engelsplastik an der Außenwand
(Symbol des Evangelisten Matthäus; Entwurf Paul Dierkes) hat Egon Eiermann die gesamte Kirche entworfen, bis hin zu den Stühlen, Lampen und den Prinzipalstücken Kanzel, Altar und Taufstein.
Das von ihm gestaltete Altarkreuz wurde 1959 durch den hängenden Kruzifixus von Jürgen Weber
ersetzt.
Die Kirche ist wie die Pfarrei nach dem Evangelisten Matthäus benannt. Auf der Widmungsplatte
an der Westseite der Kirche steht der Schlussvers seines Evangeliums: „Christus spricht: Ich bin bei
euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Im Vertrauen auf diese Zusage feiert die Gemeinde bis heute ihre Gottesdienste in der Matthäuskirche.
Unsere Fotos zeigen von links: Der tonnenschwere, an Stahlseilen abgehängte Lichtkranz über dem Altarkreuz, dann das 1959 von Jürgen Weber gestaltete Altarkreuz und rechts eine Detailaufnahme der Glasmosaiken im Altarraum von Theo Baumann.
Fotos: Claus Kuge
Die Matthäuskirche ist heute deutsche Architekturgeschichte
Die Pforzheimer Matthäuskirche gilt heute in der Architekturgeschichte als Vorläufer für die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin. Egon Eiermann hat das in Pforzheim realisierte Fassadenkonzept nahtlos auf die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche übertragen: als dichtes Gitter umschließt die Betonstruktur die leuchtenden Fensterscheiben. Sie bestimmen den Raumeindruck in beiden Kirchenräumen. Nachts von innen beleuchtet, werden diese richtungsweisenden Kirchenbauten zu „leuchtenden Schreinen“.
Bild links: 1895 wurde die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin Charlottenburg eingeweiht – am 22.01.1943
wurde die Kirche schwer von Bomben getroffen und im weiteren Kriegsverlauf durch Artilleriebeschuß noch weiter zerstört. 1956 gewinnt Egon Eiermann den Architektenwettbewerb, der vorschreibt, den alten Turm zu erhalten. Nach dem Eiermann-Entwurf wurde 1961 ein neuer freistehender Glockturm und ein achteckiges Kirchenschiff um den historischen Turm herum gruppiert. Die Faszination der Neubauten ist ihr Strahlen in Dämmerung und Nacht.
Fotos: Archiv
Die Matthäuskirche von Egon Eiermann in Pforzheim
Nachstehender Text entnommen mit freundlicher Genehmigung der Kirchengemeinde
aus der Broschüre „50 Jahre Matthäuskirche Pforzheim“ aus dem Jahr 2003.
Die Bilder von Bau, Einweihung und der Kirche stammen, sowie nicht anderst aufgeführt, aus dem Archiv der Matthäusgemeinde.
Anfang der Fünfzigerjahre wurde in Pforzheim in der Gartenvorstadt Arlinger nach den Plänen
von Egon Eiermann die evangelische Matthäuskirche erbaut. Das Bauwerk gehört zu den
herausragenden Kirchenbauten der frühen Nachkriegszeit und erregte nach seiner Fertigstellung
sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene großes Interesse.
1988 wurde die Kirche unter Denkmalschutz gestellt.
Der Außenbau
Die Matthäuskirche wurde auf einem nach Osten abfallenden Gelände erbaut. Sie besteht aus
dem Kirchenbau, der 1951-53 errichtet wurde, und einem frei stehenden Turm, der mit dem Kirchengebäude durch einen gedeckten Gang verbunden ist. Der Turm wurde 1955-56 fertig
gestellt. Die Kirche erhält durch die Hanglage und eine leichte Anhebung ihres Bodenniveaus
über den Vorplatz ein an drei Seiten vollständig belichtetes Untergeschoss. In diesem ist ein
Kindergarten untergebracht.
Das Bauwerk ist über einem langrechteckigen Grundriss mit den Seitenlängen 29 m x 14,7 m
errichtet und mit einem flachen Satteldach (Dachneigung 11°) bedeckt. Das Dach ruht auf fünf
großen Rahmen, welche die Hauptkonstruktionselemente des Stahlbetonskelettbaus bilden.
Diese gliedern die Fassaden an den Längsseiten vertikal in vier gleiche Felder, deren Flächen
gegenüber den Rahmen um etwa ein Drittel der Rahmentiefe zurückversetzt sind. Eine untergeordnete vertikale Gliederung entsteht durch die Halbierung eines jeden Feldes durch eine schmale, in der Fassadenfläche liegende Betonstütze. Horizontal werden die Längsseiten durch zwei Wandstreifen,
einmal durch die nach außen hin sichtbare Stirnseite der Untergeschossdecke, zum anderen durch
einen breiteren Wandstreifen unterhalb des Daches gegliedert.
An der südlich gelegenen Längsseite sind im Untergeschoss die Felder zwischen den Rahmen und
der Geschossdecke durch große Fenster und Glastüren ausgefüllt. Die entsprechenden Flächen
des Kirchengeschosses sind mit weißen und roten, quadratischen Formsteinen ausgefacht. Diese
Steine weisen in der Mitte eine trichterförmige, achteckige Öffnung auf, in die dicke Gussglasscheiben eingesetzt sind. Die Formsteine wurden aus Trümmersplitt der im Zweiten Weltkrieg zerstörten
Stadt Pforzheim hergestellt.
Die weißen und roten Formsteine sind in jedem der vier großen Felder des Kirchengeschosses
zwischen den Rahmen identisch angeordnet. Aus dieser Anordnung ergeben sich je nach Betrachtungsweise zwei verschiedenartige Muster. Zum einen scheinen sich die weißen Formsteine
um die senkrechten Betonstützen zu ranken und betonen damit die vertikale Gliederung des
Gebäudes. Andererseits bilden die weißen Formsteine bei größerem Betrachtungsabstand Diagonalen,
die wie eine Schraffur über die Fassade laufen.
Als künstlerischer Schmuck ist an der südlichen Kirchenfassade in dem zweiten großen Feld von
links auf einer Fläche, die von dreimal drei Steinplatten gebildet wird, eine Plastik von Paul Dierkes angebracht. Sie stellt einen Engel dar, das Symbol des Evangelisten Matthäus.
An der nördlichen Längsseite entspricht die Gestaltung der Kirchenfassade mit den Formsteinen
derjenigen auf der Südseite. Die im Vergleich zur Fassadenfläche des Kirchenraumes zurück-
versetzten geschlossenen Wandfelder des Untergeschosses werden nur durch ein horizontales
Band von hochliegenden Fenstern durchbrochen.
An der westlichen Giebelseite erhebt sich, bedingt durch die Hanglage des Gebäudes, nur das Kirchengeschoss um acht Treppenstufen über den Vorplatz. Ähnlich wie auf den Längsseiten
wird die Fassade durch vier Stützen in drei gleich große Felder unterteilt. Sie werden wie auf den Längsseiten nach unten durch den umlaufenden Wandstreifen der Stirnseite der Untergeschoss-
decke und nach oben durch einen Wandstreifen unterhalb des Dachgiebels begrenzt.
Auch hier wurden die Flächen durch Formsteine ausgefacht.
Im mittleren Feld befindet sich über dessen gesamte Breite eine flache Betontreppe, die zum Eingangsbereich der Kirche führt. Darüber spannt sich ein weit auskragendes Vordach, das mit
den beiden mittleren Stützen konstruktiv verbunden ist. Die beiden Treppengeländer bestehen aus
einem U-förmig gebogenem Metallrohr, dessen Schenkel parallel übereinander als Handlauf und
Knieleiste dienen. Ursprünglich waren als Handlauf Seile angebracht, die jedoch nicht den
baupolizeilichen Anforderungen entsprachen. Durch Auflagen der Bauaufsichtbehörde mussten
diese 1956 geändert werden.
Das schlichte Kirchenportal besteht aus einer breiten zweiflügeligen Metalltüre, die an den Seiten
rechts und links durch eine schmale metallgerahmte Verglasung und nach oben durch den Türsturz unterhalb des Vordaches begrenzt wird.
Durch das Gefälle des Geländes ragt das Gebäude an der östlichen Giebelseite vollständig aus
dem Baugrund. Die Gliederung der Fassade durch vier Betonstützen entspricht der Gliederung
der Westseite. Ebenso wie dort sind die Flächen im Kirchengeschoss durch Formsteine ausgefacht.
Die drei Felder im Untergeschoss sind gegenüber der Fassade des Obergeschosses zurückgesetzt.
Die beiden linken Felder bestehen nur aus geschlossenen Wandflächen, während das rechte Feld
durch eine Betonstütze in zwei gleiche Teile unterteilt ist. Im linken Teil befindet sich die Eingangstüre
zum Kindergarten, während im rechten eine Betonbank eingebaut ist.
Die für die Gesamtwirkung des Gebäudes wichtige Eckausbildung entsteht durch zwei übereck
gestellte Stützen, die einen nach außen offenen rechten Winkel bilden.
Alle jetzt gestrichenen Flächen waren ursprünglich in Sichtbeton ausgeführt. 1974 mussten die
Stützen im Zuge einer notwendig gewordenen Betonsanierung mit Spritzbeton verstärkt und mit
einem schützenden Anstrich versehen werden.
Der Turm ist wie das Kirchengebäude als Stahlbetonskelettkonstruktion gebaut. Er ist über
einem rechteckigen Grundriss mit den Seitenlängen 5,60 m x 4,40 m errichtet und wie die Kirche
mit einem flachen Satteldach mit gleicher Dachneigung und gleicher Firstausrichtung überdeckt.
Trotz dieser konstruktiven Ähnlichkeit bestehen jedoch deutlich sichtbare Unterschiede. Während
beim Kirchengebäude die Konstruktionselemente Rahmen und Stützen deutlich hervortreten und
das Gebäude somit stark gliedern, wirkt der Turm durch seine in einer Ebene liegenden Tragelemente
und Ausfachungen flächig. Ein weiterer Unterschied zwischen dem Hauptgeschoss des Kirchen-
gebäudes, bei dem alle Ansichten einheitlich gestaltet sind, besteht in der uneinheitlichen Gestaltung
der vier Fassaden des Turmes. Eine stilistische Verbindung zwischen den beiden Gebäudeteilen
entsteht durch die Verwendung der roten und weißen Formsteine in der Glockenstube des Turmes.
Diese scheinen ebenso wie bei der Kirchenfassade in einem Band um die Glockenstube zu laufen.
An der Fassade des Turmes lässt sich die Anzahl der Geschosse durch die nach außen sichtbaren Stirnseiten der Geschossdecken erkennen. Über dem Erdgeschoss befindet sich die Sakristei, die
mit dem Kirchenraum durch einen Gang verbunden ist. In den zwei darüber liegenden Geschossen
waren ursprünglich Jugendräume eingerichtet. Den Abschluss bildet als viertes hohes Obergeschoss
die Glockenstube.
An der Süd- und Nordseite des Turmes ist im oberen Teil der Glockenstube eine Turmuhr eingebaut.
Der Giebel an der Westseite trägt einen aus Kupferblechstreifen gefertigten Hahn von Fritz Theilmann.
An der Ostseite ist ein Kreuz angebracht, das nach einem Entwurf von Egon Eiermann hergestellt
wurde. Es besteht aus gehobelten Eichenkanthölzern, die zu einem Doppel-T-Profil zusammengefügt
und anschließend mit Kupferblech überzogen wurden.
Der geschlossene Gang zwischen Turm und Kirchengebäude führt wie eine Brücke vom ersten Obergeschoss des Turmes (Sakristei) zu dem auf gleicher Höhe liegenden Kirchenraum. Er ist aus Sichtbeton gebaut. Die hohen Wandflächen der Längsseiten sind durch ein schmales, unmittelbar
unter der Decke endendes Fensterband unterbrochen. Ursprünglich waren diese schmalen
Öffnungen nicht verglast. Auf Wunsch der Pfarrgemeinde wurden 1956 Fenster eingesetzt.
Der Innenraum
Wie bei der Fassadengestaltung des Außenbaues, so ist auch im Innenraum der Kirche das Stahlbetonskelett als ästhetisches Mittel eingesetzt.
Der hallenartige Raum wird von fünf Betonrahmen umspannt, die sowohl die Wände als auch die
Kirchendecke gliedern. Durch diese Gliederung entsteht der Eindruck, der Raum sei in vier Abschnitte unterteilt. Im westlichen Abschnitt ist der Eingangsbereich und die Empore, die beiden mittleren
Abschnitte bieten Raum für die Kirchengemeinde und im östlichen Abschnitt befindet sich der
Altarbereich.
Die Längsseiten des Raumes werden wie die Außenfassaden durch die fünf Rahmen in vier
große Felder unterteilt, welche ihrerseits durch eine Zwischenstütze halbiert werden, so dass
insgesamt acht schmale Felder entstehen.
Die östliche Giebelwand wird durch den letzten der fünf Betonrahmen umschlossen und durch
zwei aus der Wandfläche hervortretende Stützen in drei Felder unterteilt. Mit den beiden Stützen konstruktiv verbunden ist eine weit auskragende rechteckige Stahlbetonplatte, in deren Mitte
eine große runde Öffnung ausgespart wurde. Darunter befindet sich ein dreistufiges Podest, auf
dem der Altartisch steht. Die Betonplatte scheint wie ein Baldachin über dem Altar zu schweben
und bildet zusammen mit den dahinterliegenden Betonstützen den architektonischen Rahmen für diesen zentralen Ort, der hierdurch besonders betont wird. Der Betonbaldachin wiederholt das Motiv des auskragenden Vordaches über dem Eingangsbereich an der Westseite der Kirche. Rechts neben dem Altar ist das Taufbecken aufgestellt, links vom Altar befindet sich die Kanzel.
Die westliche Giebelwand ist ebenfalls durch zwei Betonstützen in drei Felder gegliedert. Im
mittleren Feld befindet sich die Eingangstüre. Über dem Eingangsbereich verläuft über die
gesamte Breite des Kirchenraumes zwischen den ersten beiden Betonrahmen eine Empore. Die geschlossene Betonbrüstung der Empore unterteilt den Kirchenraum in zwei Geschosse.
Rechts neben dem Eingang führt eine monolithische, vor Ort gegossene Betonwendeltreppe
mit massiver Spindel auf die Empore. Die in linksgewendelter Laufrichtung nach oben
ansteigende Treppe ist gegenüber dem Kirchenraum durch ein Geländer abgegrenzt, das auf jeder Treppenstufe durch zwei parallele, senkrechte Metallstäbe gebildet wird, die ihrerseits durch
Metallstreifen miteinander verbunden sind. Die Unterseite des Treppenlaufes windet sich
kontinuierlich in einem glatten Band nach oben.
Die Wände des Kirchenraumes sind, wie bereits beim Außenbau beschrieben, mit Beton-
formsteinen ausgefacht, deren Öffnungen mit verschiedenfarbigen, ca. 2,5 cm dicken Guss-
glasscheiben ausgefüllt sind. Diese wurden von dem Glasmaler Hans Theo Baumann entworfen
und hergestellt. Nach seinen Entwürfen wurden die Glasscheiben eingefügt, wobei, je nach Himmelsrichtung (Lichteinfall), bevorzugt hellere oder dunklere Gläser verwendet wurden.
An der Ostseite überwiegen dunkelrote und dunkelblaue Gläser, an der Südseite wurden gelbe,
grüne und blaue eingesetzt. Die Westseite weist im Wesentlichen kräftig blau und grün gefärbte
Gläser auf, während die Nordseite hauptsächlich in helleren bläulichen, violetten, grünlichen,
gelblichen und weißen Farbtönen verglast wurde.
Durch die kunsthandwerkliche Herstellung der Scheiben weist jedes Glas eine individuelle
Gestaltung auf. So zeigen einige der einfarbigen Gläser eine Struktur, die durch Bearbeiten der
noch weichen Glasoberfläche während des Herstellungsprozesses entstanden ist. Hierdurch
wurde eine ungleichmäßige Tönung erreicht. Eine weitere Variante bilden Scheiben, die in der
Mitte ein achteckiges farbiges Feld mit einer klaren Umrandung besitzen. Diese wurden durch
Auflegen einer farbigen dünnen Scheibe auf eine noch glühende, dicke klare Scheibe hergestellt.
Weitere Differenzierungen in der Verglasung wurden durch einige wenige mosaikartige Scheiben
erreicht. An der östlichen Giebelseite ist z. B. hinter dem Taufbecken ein Feld von dreimal drei Formsteinen mit diesen Mosaikgläsern ausgefüllt. Der Glasmaler stellte durch diese Gläser, die
an gefasste Edelsteine erinnern, eine Verbindung zu der Schmuckstadt Pforzheim her.
Die Atmosphäre des Raumes wechselt je nach Tages- und Jahreszeit. Sie wird von den
verschiedenen Lichtreflexen bestimmt, die durch die vielen farbigen Gußscheiben hervorgerufen
werden. Auch die Auflösung der Wand durch die Verwendung der gelochten Betonformsteine
trägt zu der besonderen Stimmung des Ortes bei.
Der während der Bauzeit der Kirche amtierende Pfarrer Ludwig Eiermann beschreibt die
Wirkung des Innenraumes in einem Brief an Egon Eiermann wie folgt:
„Das Licht, das die Matthäuskirche in Pforzheim erhellt, scheint überhaupt nicht von
außen zu kommen. Als ganz unbefangener Betrachter muß man den Eindruck so beschreiben:
Das Licht geht von den Wänden selbst aus, die Wände leuchten. Der Eindruck rührt davon
her, daß die Glasscheiben zwar lichtdurchlässig, aber durch ihre starke Färbung, ihre
besondere Struktur und ihre besondere Versetzung undurchsichtig sind. Zwingend ist der
Eindruck bei diffusem Außenlicht und besonders in der Dämmerung. Das Erlebnis der geheimnisvoll selbstleuchtenden Wände ist wunderbar schön. Von Fenstern hier zu
sprechen hat eigentlich keinen Sinn mehr.“
An der südlichen Längsseite ist innerhalb der verglasten Formsteine ein quadratisches Feld
von neun geschlossenen Betonsteinen eingefügt, auf dem ein Lorbeerkranz zum Gedenken an die Kriegsopfer der Gemeinde aufgehängt ist. Am Außenbau befindet sich an dieser Stelle, wie oben
erwähnt, die Plastik von Paul Dierkes.
Der Fußboden der Kirche ist mit kleinen grauen, weißen und gelblichen Pflastersteinen ausgelegt,
die kein bestimmtes Muster, wohl aber farbliche Schwerpunkte bilden. Innerhalb des Pflasters
sind einige Bereiche durch Einsätze von Kunststeinplatten besonders hervorgehoben. Im Altarbereich
sind dies ein rechteckiges dunkles Feld vor der Antrittsstufe zur Kanzel, der dreistufige Sockel
des Altares und eine runde, helle Bodenplatte unter dem Taufbecken. Im Eingangsbereich ist
die Fläche unter der Wendeltreppe durch eine helle Kunststeinplatte akzentuiert.
Die Gestaltung der Kirche weist sowohl im Innenraum als auch am Außenbau identische
Merkmale auf. Innen wie außen ist die Konstruktion des Gebäudes deutlich erkennbar, und die verwendeten Materialien wurden in ihrer ursprünglichen Erscheinungsform belassen.
Die Verwendung von Pflastersteinen für den Fußboden des Innenraumes schafft eine weitere
Beziehung zur Außenwelt.
Die Ausstattung
Der Altartisch, ein kleines gläsernes Altarkreuz, die Kanzel, das Taufbecken, die Stühle und
die Leuchten wurden nach den Entwürfen des Architekten hergestellt.
Das für den Altartisch geschaffene gläserne Altarkreuz mit verchromter Stahlrohrhalterung
wurde später durch ein Kruzifix ersetzt.
Der Altar ist aus einem schwarz lackierten Stahlrohrgestell gefertigt, auf das eine links und rechts überstehende Eschenholzplatte aufgelegt ist. Das Untergestell besteht aus vier senkrechten Rohren,
von denen je zwei an den Schmalseiten des Altares durch zwei dünnere waagrecht übereinander
liegende Stahlrohre miteinander verbunden sind. Zwei sich kreuzende diagonale Verstrebungen
verbinden diese beiden so entstanden Seitenteile und geben der Konstruktion in Verbindung mit
der Holzplatte die notwendige Stabilität. Egon Eiermann verwendete die gleiche Konstruktion,
nur mit weiß lackierten Stahlrohren, auch für seine Arbeitstische. Er legte viel Wert auf diese
schlichte Gestaltung des Altares. In einem Brief an Oberbaurat Hampe, den damaligen Leiter
des evangelischen Kirchen-bauamtes in Karlsruhe, schreibt er:
„Der Altar ist sehr einfach: nur eine Holzplatte, die auf Beinen steht, also
ein richtiger Tisch.“
Ein schwarz lackiertes Stahlrohrgestell dient auch als Halterung für die von kräftigen Ledergurten
getragene Taufschale aus Acrylglas. Das Untergestell besteht aus vier senkrechten Rohren, die untereinander durch zwei übereinanderliegende waagrecht angeordnete Kreuzstreben aus
dünnerem Stahlrohr verbunden sind. An den oberen Enden der Stahlbeine befindet sich jeweils
ein kurzes quer aufgeschweißtes Metallstück, um welches die Ledergurte paarweise geführt
werden. Diese Gurte werden unter der Taufschale mit kräftigen Schnallen geschlossen.
Altartisch und Taufbecken wirken auf Grund ihrer Stahlrohrunterkonstruktion leicht und transparent.
Im Gegensatz dazu erscheint die Kanzel durch den dunklen Kunststeinsockel, das vierstufige
dunkle Treppenpodest und den geschlossenen Aufbau massiv. Als optisches Verbindungselement
zwischen den Unterbauten von Altartisch und Taufbecken einerseits und der Kanzel andererseits
kann deren einseitiges Stahlrohrgeländer gesehen werden. Den oberen Abschluss der Kanzel
bildet ein in der Höhe verstellbares Lesepult mit einer Halterung für das Antependium.
Als Sitzplätze für die Kirchenbesucher dienen in Reihen aufgestellte Holzstühle. Das Gestell der
Stühle ist aus Buchenholz gefertigt. Es besteht aus vier sich nach unten verjüngenden runden
Stuhlbeinen, die durch eine kräftige Zarge miteinander verbunden sind. Ein Geflecht aus
Bondootrohr bildet zusammen mit dem umflochtenen Rahmen die Sitzfläche des Stuhles.
Die Rückenlehne aus einer gebogenen, mit Makoré furnierten Schichtholzplatte ist zwischen
die oberen Enden der hinteren Stuhlbeine in gefräste Nuten eingelassen. An ihrem unteren
Ende ist sie rechtwinkelig nach hinten gebogen, so dass eine Buchablage an der Rückseite der
Lehne entsteht. Der Stuhl wurde von der Firma Wilde & Spieth in Oberesslingen gefertigt und
als Modell SE 19 fest in das Fertigungsprogramm aufgenommen.
Die elektrische Beleuchtung des Raumes erfolgt im Wesentlichen durch acht Hängeleuchten.
Diese sind in jedem der vier Raumabschnitte paarweise nebeneinander aufgehängt, so dass in der Längsachse des Raumes zwei Reihen mit je vier Leuchten gebildet werden. Die Leuchten sind aus konzentrisch übereinander angeordneten weiß lackierten Metallblendringen mit unterschiedlichem Durchmesser hergestellt. Der Ring in der Mitte weist hierbei den größten Durchmesser auf,
während die weiteren Blendringe über und unter diesem Mittelstreifen stetig abnehmende
Durchmesser besitzen.
Alle Ausstattungsgegenstände fügen sich durch ihre Form- und Farbgebung und das
verwendete Material harmonisch in die architektonische Gestaltung der Kirche ein.
Die künstlerische Ausstattung
Die einzigen Kunstwerke, die den Innenraum der Matthäuskirche schmücken, sind ein Kreuz
über dem Altar und Bilder an der Emporenbrüstung.
Die Gestaltung des Altarkreuzes erwies sich als schwierig, da es sich gegen die farbig verglaste
Ostwand absetzen sollte. Gleichzeitig musste es sich unter dem großen Betonbaldachin behaupten.
Auch ließen sich die Vorstellungen von Architekt und Pfarrgemeinde nicht ohne weiteres ver-
einbaren. Das kleine gläserne Kreuz, das Egon Eiermannn für den Altartisch entworfen hatte,
wurde nach der Einweihung der Kirche wieder entfernt. Danach wurden von der Pfarrgemeinde versuchsweise verschiedene Kruzifixe aufgestellt, beziehungsweise aufgehängt.
Egon Eiermann war der Ansicht, dass nur ein Metallkreuz genügend Schwerpunkt gegen den Betonbaldachin bieten kann. Den Auftrag, ein Kruzifix zu gestalten, erhielt schließlich 1958
der Künstler Jürgen Weber. Dieser gestaltete das Kreuz als Gabelkreuz mit leicht nach oben
gewinkelten Querbalken, wodurch es sich von den Waagrechten und Senkrechten der Architektur
des Hintergrundes abhebt, gleichzeitig aber eine Verbindung zu der Öffnung in dem Betonbaldachin hergestellt wird. Das Werk zeigt gleichzeitig den gekreuzigten und segnenden Christus.
Es wurde aus Neusilber mit durchziselierter Oberfläche im Wachsausschmelzverfahren hergestellt.
Als Schmuck für die Emporenbrüstung stiftete der Künstler Hans Kuhn kurz vor Einweihung der
Kirche sechs Bildtafeln. In einem Brief an Egon Eiermann schreibt er:
„Mit Deinen Platten habe ich mir große Mühe gegeben und die 6 Gipsplatten stehen in
ihren geschmiedeten Eisenrahmen fertig da. Als Motive habe ich folgende ganz einfache
Symbole gewählt:
– Das Kreuz mit den Passionswerkzeugen
– Die Dornenkrone mit den Geisetungswerkzeugen
– Die Taube mit dem großartigen Dreieckssymbol des Gottesauges
– Das Lamm als Träger des Kreuzes
– Die 3 verschlungenen Fische
– Der Weinstock als Symbol der Verbundenheit Christi mit den Gläubigen.
Die Grundfarbe der Platten ist leicht verschieden getönt -Weiß, bläulich, gelblich,
bräunlich. Die Farben sind relativ zart – alles eingelegt, geschliffen, poliert und gewachst.“
Die Bilder von Hans Kuhn wurden zunächst an der Emporenbrüstung angebracht. Auch
der Künstler Erhart Mitzlaff fertigte im Sommer 1953 Bilder für die Emporenbrüstung.
Diese wurden zunächst beim Evangelischen Oberkirchenrat in Karlsruhe aufbewahrt und
anlässlich der Kirchenbautagung im September 1956 auf Wunsch Egon Eiermanns in der
Matthäuskirche aufgehängt. Es handelt sich hierbei um fünf auf Sperrholz gemalte Bilder mit
dem Thema „Gesetz und Gnade“. Oberbaurat Hampe vom evangelischen Oberkirchenrat
beschreibt die Bilder wie folgt:
„Es ist hier der Versuch gemacht worden, entsprechend dem strengen baulichen
Charakter der Kirche als Beton-Glas-Bauwerk mit den Mitteln der abstrakten Malerei
eine gedankliche Vorstellungsreihe der biblischen Überlieferung zu gestatten und in den
Dienst der Verkündigung zu stellen. Die einzelnen Bilder stellen dar.
1. Die Schöpfung: Ordnung des Chaos, Trennung von Licht und Finsternis,
von Flüssigem und Festem, Tag und Nacht, Sonne und Mond.
2. Die Taube – Gnadengabe des alten Bundes nach der Sintflut.
3. Das Gesetz. Ordnung und Irrweg.
4. Das Abendmahl, Brot und Wein, Gnadengabe des neuen Bundes.
5. Das Kreuz.“
Der Bilderzyklus von Erhart Mitzlaff schmückt auch heute noch die Emporenbrüstung.
Über den Verbleib der Platten von Hans Kuhn ist nichts bekannt.
Die Baugeschichte
Die Planung und Bauzeit der Matthäuskirche stellt einen permanenten Entwicklungsprozess dar,
in dessen Verlauf immer wieder neue Ideen entstanden und umgesetzt wurden.
Bereits 1939 hatte die evangelische Kirchengemeinde in Pforzheim ein für einen Kirchenbau
geeignetes Grundstück in der Gartenvorstadt Arlinger durch Tausch gegen ein anderes
Grundstück erworben. Die Pläne für einen Kirchenbau konnten jedoch infolge des Kriegs-
ausbruchs nicht weiter verfolgt werden.
Pforzheim wurde durch den großen Bombenangriff vom 23. Februar 1945 stark zerstört.
Nach Kriegsende wurde dann in der Gartenvorstadt Arlinger die Matthäuspfarrei eingerichtet.
Als Pfarrer wurde am 1. Oktober 1946 Ludwig Eiermann ernannt, der zuvor an der im Krieg
zerstörten Stadtkirche tätig war. Der Wunsch der neuen Gemeinde nach einer eigenen Kirche
konnte aus finanziellen Gründen zunächst nicht realisiert werden.
Wann Pfarrer Ludwig Eiermann sich an den Architekten Egon Eiermann wandte, mit der Bitte,
ihm eine Kirche zu entwerfen, ist in den Akten nicht dokumentiert. Trotz der Namensgleichheit
waren der Pfarrer und der Architekt nicht miteinander verwandt, wohl aber entwickelte sich
während der Planung und Bauzeit der Kirche eine freundschaftliche Beziehung.
Um der Pfarrgemeinde Anregungen für den Bau der Matthäuskirche in Pforzheim zu geben,
stellte Egon Eiermann, der 1947 auf den Lehrstuhl für Architektur an der Technischen Hochschule Karlsruhe berufen worden war, als Thema für die Architekturdiplomarbeiten von 1950 die Aufgabe,
einen Kirchenbau auf dem Grundstück der Matthäuspfarrei zu entwerfen. Diese Entwürfe wurden am
22. Mai 1950 von den beiden Pforzheimer Pfarrern Ludwig Eiermann und Karl Specht, dem
Pforzheimer Architekten Adolf Bach und Oberbaurat Hermann Hampe vom Evangelischen
Kirchenbauamt Karlsruhe begutachtet. Die 16 vorgelegten Arbeiten waren von sehr unterschiedlicher Qualität, jedoch war keiner der Entwürfe für die Bauausführung geeignet.
Nach der Rückkehr von Prof. Eiermann von einer Amerikareise fand am 31. Mai 1950 eine weitere Besprechung zusammen mit den vorgenannten Personen statt, in der Egon Eiermann vorschlug:
„ … das Bauprojekt durch zwei Studierende unter seiner Aufsicht als Unterrichtsaufgabe
kostenlos für die Kirchengemeinde in allen erforderlichen Planungen bearbeiten zu
lassen und das Ergebnis zur Ausführung unter der verantwortlichen Leitung von
Herrn Architekten Bach zur Verfügung zu stellen.“
Die Beteiligten waren mit dem Vorschlag einverstanden, da hierdurch der Kirchengemeinde ein wesentlicher Anteil des Architektenhonorars gespart werden konnte.
In der folgenden Zeit wurden wohl verschiedene Entwürfe diskutiert, die sich jedoch an Hand
der Akten nicht im Einzelnen nachvollziehen lassen. Parallel hierzu wurde versucht, die Finanzierung
des Projektes zu sichern. Ein Kredit der Aachener und Münchener Lebensversicherungs-A.G.
in Karlsruhe in Höhe von 100 000 DM bildete den Grundstock für den auf 150 000 DM
geschätzten Rohbau.
Die beiden von Egon Eiermann beauftragten Studenten Herrman-Josef Kappenberg und
Tibor Kugelmann erarbeiteten im Juni 1951 einen Entwurf für die Matthäuskirche.
Dieser wurde am 27. Juni 1951 von dem Architekten Adolf Bach, der die verantwortliche
Bauleitung übernehmen sollte, an das Bauaufsichtamt der Stadt Pforzheim eingereicht.
Das Baugesuch der Evangelischen Kirchengemeinde Pforzheim, an der Hochkopfstraße 30,
Lgb. Nr. 16570/1 eine Kirche zu erbauen, wurde durch den Baubescheid vom
16.August 1951 genehmigt.
Die Pläne sahen eine zweigeschossige Stahlbetonskelettkonstruktion vor, in deren Untergeschoss Gemeinderäume und Kindergarten, und im darüber liegenden Hauptgeschoss ein großer
Kirchenraum untergebracht werden sollten. Der separat stehende Turm war mit dem Kirchenraum
durch einen gedeckten Gang verbunden. Die Süd- und Nordseite der Kirche wurde durch
neun Pfeiler in acht schmale Felder unterteilt, von denen an der Südseite die ersten sechs Felder
als geschlossene Wandflächen gedacht waren, während die zwei letzten im Chorbereich
vollständig verglast werden sollten. Die Nordseite sollte ein hochliegendes Fensterband erhalten.
Noch bevor die eingereichten Pläne der Studenten genehmigt waren, dachte Egon Eiermann
über Verbesserungen an dem Projekt nach. Im Juli 1951 schreibt Pfarrer Ludwig Eiermann
an Oberbaurat Hampe:
„Egon hat die Intention anstatt des großen Doppelfensters nun dem großen Raum eine
andere Lichtquelle zu geben, indem er zwischen die Bausteine, die ja geformt werden
nach einer gewissen Ordnung, Steine, in die Gläser eingelassen sind, einmauern läßt.“
In dem Antwortschreiben an Pfarrer Eiermann zeigt sich Oberbaurat Hampe von dem
Vorschlag begeistert:
„Die Eiermann-Idee mit den kleinen farbigen Glaslöchern finde ich großartig und
freue mich auf Ihre weitere Ausarbeitung.“
Am 17. August 1951 war dann die Idee wohl soweit ausgearbeitet, dass in einer gemeinsamen Besprechung zwischen Egon Eiermann, Hermann Hampe und den Studenten Kappenberg und
Kugelmann beschlossen wurde, die neue Ausfachung der Wandfelder und die damit verbundenen
konstruktiven Änderungen an der Kirche weiter zu verfolgen. In einem Brief informiert Egon
Eiermann den Pfarrer Ludwig Eiermann über die anstehenden Änderungen:
„Es sind jetzt Umänderungen notwendig, die sich auf konstruktive Dinge beziehen, da nach
der Wahl der verglasten Steine nunmehr die steile Dachneigung nicht mehr möglich ist und
wir nun zu einer flacheren Neigung kommen, da wir die Steine nicht in der Dachschräge
der Giebel bebauen können. Ich bin überzeugt, dass der Innenraum der Kirche jetzt einzi-
gartig und sehr schön in seiner Wirkung sein wird. Ich möchte Dich bitten, in Bezug auf
die farbige Gestaltung der Glaswände zu erlauben, dass wir mit dem Maler Baumann in Schopfheim zusammenarbeiten, der sehr viel auf diesem Gebiet im Schweizer Kirchenbau gearbeitet hat.“
Den Glasmaler Hans Theo Baumann aus Schopfheim hatte Egon Eiermann bei seinen Arbeiten
für das Verwaltungs- und Fabrikgebäude der Ciba AG in Wehr kennen gelernt.
In gemeinsamen Gesprächen entstand die Idee von verglasten Formsteinen. Im Juni 1951
schreibt Egon Eiermann an den Glasmaler:
„Sie sprachen von der Verwendung von Glas und Beton. Wir haben jetzt bei der Pforzheimer
Kirche mit einigem Nachdenken eine solche Möglichkeit der Verwendung gefunden. Ich sende
Ihnen in einigen Tagen eine Zeichnung, aus der Sie die Struktur der Konstruktion ersehen
können und die Wünsche, die wir auf die reinen Füllflächen, die zwischen den Pfeilern und
Unterzügen sitzen, haben.“
Die neuen Planungen für die Ausfachung der Wände sahen zunächst nur die Verwendung von
einzelnen verglasten Formsteinen neben geschlossenen Betonsteinen vor. Gleichzeitig mit der
Änderung an der Wandausfachung überarbeitete Egon Eiermann auch die Tragkonstruktion
des Daches. Fünf große Betonrahmen übernahmen nun die Last des Daches und der
untergehängten Stahlbetondecke, die an Stahlbetonpfetten als Überzüge angehängt wurde.
Gleichzeitig wurde auch die Raumeinteilung im Untergeschoss geändert. An der Südseite wurde
ein großer Raum für Veranstaltungen eingeplant, der durch Trennwände in drei kleinere Räume
für die verschiedenen Gruppen des Kindergartens unterteilt werden konnte.
Mit den Erdarbeiten für die Kirche wurde am 17. September 1951 begonnen. Die geänderten
Pläne mit der massiven Dachkonstruktion aus Stahlbeton wurden am 2. Oktober 1951
vom Bauausschuss des Kirchengemeinderates gebilligt. Im November 1951 wurde die
Baugrube für den Turm ausgehoben und mit den Stahlbeton- und Maurerarbeiten an der
Kirche begonnen.
Gleichzeitig wurden Muster der für die Ausfachung der Wandfelder geplanten Betonformsteinen
hergestellt und an die Technische Hochschule Karlsruhe zur Untersuchung eingesandt.
Es waren Befürchtungen geäußert worden, dass die Wärmedämmung der Steine unzureichend
sei und man nasse Wände befürchten müsse. In dem vom Institut für Beton und Stahlbeton erstellten Gutachten wurde festgestellt, dass die Ziegelsplittsteine eine ausreichende Wärmeisolierung
gewährleisten, die jedoch durch die Verwendung eines Bimsanteils als Zuschlagstoff verbessert
werden könnte.
Anfang Januar 1952 schieden die beiden Studenten Kugelmann und Kappenberg, die im
Rahmen einer Seminararbeit die ersten Pläne für die Kirche ausgearbeitet hatten, nach
Ablegung ihres Diplomexamens aus dem Projekt aus. Egon Eiermann behielt weiterhin die
künstlerische Oberleitung und übernahm zusätzlich die unmittelbare Aufsicht über die
Planungsarbeiten, wobei er sich bereit erklärte, zu Selbstkosten zu arbeiten.
Der schöpferische Planungsprozess hatte dazu geführt, dass die Änderungen gegenüber
den eingereichten Plänen zwar von den jeweils Beteiligten und der Kirchengemeinde gebilligt
worden waren, jedoch waren die Nachtragsplanungen nicht zur Genehmigung bei der Bauauf-
sichtbehörde Pforzheim eingereicht worden. Daher sah sich die Behörde am 2. Mai 1952
genötigt, die sofortige Einstellung der Bauarbeiten zu fordern mit der Begründung:
„Die Bauüberwachung hat festgestellt, daß Ihr Bauvorhaben mit erheblichen Abweichungen
von den genehmigten Bauplänen ausgeführt wird. Die Abweichungen betreffen nicht nur
die Einteilung in Grundriß und die Gestaltung des Baukörpers, sondern vor allem die
Konstruktion des Bauwerks.“
Am 15. Mai 1952 wurden die Nachtragspläne eingereicht, die am 1. Juli 1952 vom
Bauaufsichtamt genehmigt wurden. Das Hochbauamt gab folgende Stellungnahme zu den
neuen Planungen ab:
„Die Änderungen der Pläne erscheinen als eine wesentliche Verbesserung in den
Proportionen des Bauwerks. Die geringere Höhe des Kirchenraumes wirkt sich auch
in der Fassade wohltuend aus; ebenso der vergrößerte Abstand des Campanile.
Auch die Einzelheiten sind verbessert worden. Die Wirkung im Gebäude und der
Effekt der sogen. „Lichtsteine“ bleibt abzuwarten.“
Trotz dieser positiven Stellungnahme gab es während der gesamten Bauzeit der Kirche in
Pforzheim Widerstände gegen die neuartige Bauweise. Egon Eiermann setzte sich immer
wieder ernsthaft mit diesen Einwänden auseinander. In einem Brief an den Architekten
Adolf Bach vom 12. Juni 1952 schreibt er:
„Selbstverständlich ist es richtig, einen solchen Bau unter Umständen in Backstein zu
bauen. Das ist eine alte, bewährte Angelegenheit und führt aber leider nicht zu dem
räumlichen Eindruck des Bauwerkes, den ich mir vorgestellt habe. Genauso ist es mit der Dachkonstruktion und mit der Konstruktion der Empore. Selbstverständlich hätte man
die billiger machen können. Man hätte oben auf das Dach z. B. Brettbinder wie in den
Baracken legen können. Ich halte das aber nicht für den Sinn dieser Aufgabe und glaube,
daß man mit diesen Mitteln den Problemen des Baues von sakralen Räumen in unserer Zeit
nicht beikommen kann. Es ist eben etwas sehr Wesentliches, ob die Konstruktion der Empore
mit den Umfassungswänden des Kirchenraumes in Verbindung steht oder nicht. Genauso wie
es für den Eindruck des Innenraumes sehr wesentlich ist, die tragenden Pfeiler und die
Rahmen, die das Dach tragen in der Struktur deutlich zu erkennen. Wenn wir dahin kommen,
die Aufgaben der Architektur einzig und allein durch die sogenannte wirtschaftliche Lupe
zu sehen, d. h. dem grundsätzlich Billigsten den Vorrang zu geben, dann sind wir (was gar
nicht so fern liegt) am Ende der Architektur.“
Neben der Kritik an der damals ungewohnten Konstruktionsweise der Kirche bereitete
Egon Eiermann auch die schlechte Ausführung der Stahlbetonarbeiten erhebliche Sorgen.
In einem Schreiben ermahnt er die ausführende Baufirma:
„ich habe wiederholt darauf aufmerksam gemacht, daß es sich bei den Stahlbetonarbeiten
um eine Ausführung handelt, die in Bezug auf Maßgenauigkeit und auf Sauberkeit der Kanten
erstklassig sein muß, da der Beton nicht verputzt wird, sondern als Sichtbeton stehen bleibt…
ich werde dafür Sorge tragen, daß jede Maßungenauigkeit jedes Durchhängen von
Betonteilen und jede Kantenbeschädigung, die auf Vernachläßigung zurückzuführen ist,
nicht abgenommen wird, bevor sie restlos und befriedigend wieder in Ordnung gebracht
worden ist.“
Die Grundsteinlegung fand am 13. Juli 1952 statt. Als Grundstein wurde ein gehauener Stein aus
der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Pforzheimer Stadtkirche verwendet, in den eine Pergament-
urkunde in einer verlöteten Kupferhülse eingelegt wurde.
Am 15. Oktober 1952 wurde das Richtfest gefeiert und fünf Tage später wurde begonnen,
das Dach einzudecken. Inzwischen hatte man sich entschieden, für die Ausfachung der gesamten Wandflächen nur verglaste Formsteine zu verwenden. Der Glasmaler Hans Theo Baumann
arbeitete mit der Glashütte Lamberts in Waldsassen zusammen, die vor allem Echt-Antikglas-
scheiben herstellte. Diese schienen jedoch zu dünn für die Verglasung der massiven Beton-
lochsteine. Daher stellte Baumann Versuche zur Herstellung dicker Glasscheiben an.
Schließlich gelang es, ein Herstellungsverfahren für die an der Matthäuskirche erstmals
verwendeten farbigen dicken Gussglasscheiben zu entwickeln. Egon Eiermann war von der
Wirkung der farbigen Gläser begeistert. In einem Brief an Oberbaurat Hampe schreibt er:
„Inzwischen war ich einige Male mit dem Maler Baumann in Waldsassen, und wir haben
geradezu wunderbare Glassteine angefertigt, so daß uns im Frühjahr, wenn wir verglasen
können, eine schöne Überraschung bevorsteht.“
Im Herbst 1952 begann man die Betonlochsteine zu vermauern, die dann im Frühjahr 1953
verglast wurden.
Zu diesem Zeitpunkt wurden auch die Fenster im Untergeschoss eingesetzt. Dies gestaltete sich
auf Grund der mangelhaften Ausführung der Betonarbeiten als schwierig, da die Stützenkanten
nicht senkrecht und winkelrecht waren. Die Ungenauigkeiten waren auch durch Abschleifen
des Sichtbetons nicht zu korrigieren, so dass die Fenster an der Südseite nicht wie geplant
zurückgesetzt eingebaut werden konnten.
Nachdem Adolf Bach am 23. April 1953 die verantwortliche Bauleitung niedergelegt hatte,
übernahm nun Egon Eiermann die Leitung und setzte als Platzbauführer seinen Mitarbeiter
Helmut Striffler ein. Die Kirche war zu diesem Zeitpunkt nahezu fertig gestellt. Oberbaurat
Hampe besichtigte am 30. April 1953 die Kirche und beschreibt in einem Brief an
Stadtpfarrer Schuler, den Vorsitzenden des Kirchengemeinderats, seinen Gesamteindruck:
„… daß das nun nach vollendeter Verglasung sich der Fertigstellung nähernde Bauwerk mir als
ein echter und vom Geist erfüllter Kirchenraum erschien, so daß ich erfreulicherweise das vom Kirchengemeinderat und mir in den früheren entscheidenden Sitzungen in Herrn Professor
Eiermann gesetzte Vertrauen voll bestätigt fand. Daß das bei so kühnen neuen Wegen, wie
sie hier gegangen sind, nicht ohne gelegentliche Reibungen, Mißverständnisse und Schwierig-
keiten abgehen konnte, wissen Sie ja nur allzugut.“
Am 12. Juli 1953 wurde die Matthäuskirche von Landesbischof Dr. Bender eingeweiht.
Bei der Einweihung der Kirche stellte sich heraus, dass die Verglasung der Ostwand so hell
war, dass die Besucher durch die Sonne stark geblendet wurden. Bevor man sich zu einer
Änderung der Verglasung entschloss, wurde zunächst versucht, die Intensität der Sonne
durch Abkleben der Gläser mit Pergament zu dämpfen.
Zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Kirchengebäudes war der Turm bis zur Höhe der
Sakristei errichtet. Finanzielle Schwierigkeiten führten schon seit Anfang 1953 zu Diskussionen
über die Höhe des Turmes zwischen Egon Eiermann und der Pfarrgemeinde.
Am 19. Februar 1953 schreibt Egon Eiermann an Pfarrer Ludwig Eiermann:
„Ich bin der Meinung, daß die Kirchen von heute keine Türme mehr zu haben brauchen,
und dieser Meinung bin ich schon sehr lange. In Deiner Gemeinde sollte das Gotteshaus das
Wichtige sein und der Turm nur die Begleiterscheinung. Wir haben deshalb einen Plan angefertigt,
der so ist, daß bereits über der Sakristei sich das Geläut aufbaut. Du mußt Dir das ansehen,
um das zu begreifen. Ich finde es geradezu widersinnig, wenn wir heute hergehen und
50- bis 60 000 Mark in die Konstruktion des Turmes hineinstecken, wobei in diesem Preis
noch nicht mal die Glocken einbegriffen sind.“
Pfarrer Ludwig Eiermann lehnt diesen Vorschlag in seinem Antwortschreiben ab und bekräftigt ausdrücklich den Wunsch der Pfarrgemeinde nach einem hohen Turm.
„Der Turm wird gebaut und darauf kommt ein christliches Symbol. (…) Egon! Ich bitte Dich,
ändere an der Planung des Turmes nichts. Der Fortfall des Turmes hätte verheerende
Auswirkungen.“
Egon Eiermann zieht seinen Vorschlag zurück und akzeptiert den Wunsch des Pfarrers und
seiner Gemeinde. Im Februar 1953 schreibt er an Pfarrer Ludwig Eiermann:
„Wenn die Gemeinde will, kriegt sie natürlich ihren Turm. Ich habe nur gedacht, daß es vielleicht
besser ist, die Glocken zu haben als den Turm, und meine Auffassung entsprang also einem
Sparprinzip, … Es kommt auf den Inhalt an. Inhalt ist das Gotteshaus, der Turm ist lediglich
eine Demonstration. Aber sei es, wie es sei. Wenn die Gemeinde das so haben will, so soll
sie es bekommen.“
In der folgenden Zeit wurden verschiedene Planungen für die Turmausführung bearbeitet, in
denen versucht wurde, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Proportionen der Kirche
und denen des Turms zu erreichen. Anfang September 1955 war die Finanzierung für die
Fertigstellung des Turmes gesichert und die Pläne für die drei oberen Geschosse wurden dem Bauaufsichtamt zur Genehmigung vorgelegt. Im Oktober wurde der Bau des Turmes fortgesetzt,
der dann im Frühjahr 1956 fertig gestellt war.
Über die Frage, an welcher Stelle das Turmkreuz angebracht werden sollte, kam es zu
schwerwiegenden Differenzen zwischen dem evangelischen Kirchengemeinderat und Egon
Eiermann. Die Pfarrgemeinde wollte ein großes, weithin sichtbares Kreuz auf dem Dachfirst.
Doch das widersprach der künstlerischen Auffassung Egon Eiermanns. Im Januar 1956
schreibt er an den Evang.-Prot.-Kirchengemeinderat:
„Es ist formal nicht denkbar, das Kreuz auf den First zu setzen, wie man ein Preisschild in
einen Kuchen steckt. Ein Kreuz wäre lediglich denkbar in Verbindung mit der Giebellinie und
auch da nur unter größter Zurückhaltung. Was weithin sichtbar ist, kann nur das Gebäude
selbst sein. Das Kreuz muß ein Schmuck bleiben, der nur aus der Nähe wirkt.“
Schließlich war im Sommer 1956 eine sowohl künstlerisch als auch für die Kirchengemeinde
hinsichtlich der Fernwirkung befriedigende Lösung für das Turmkreuz gefunden worden.
Weitere Unstimmigkeiten zwischen Egon Eiermann und der Pfarrgemeinde gab es auch wegen
der zu hellen Verglasung der Ostwand. Bis zum Sommer 1956 konnte keine Einigung über
eine Änderung erzielt werden. Egon Eiermann fühlte sich verantwortlich für die einwandfreie
Gestaltung des Bauwerks und übernahm deshalb die Kosten für die Neuverglasung.
Der Glasmaler Hans Theo Baumann führte im Frühjahr 1957 den Austausch der Gläser durch.
Die Baugeschichte der Matthäuskirche ist geprägt von dem Wunsch Egon Eiermanns, die
Kirche bis ins kleinste Detail durchzugestalten, um so ein harmonisches Raumgefüge zu schaffen.
Mit großem Engagement versuchte er, seine künstlerischen Vorstellungen, die sich nicht immer
mit den Erwartungen der Kirchengemeinde deckten, zu verwirklichen.
Zeitgenössische Kritik
Nach der Fertigstellung des Kirchengebäudes im Sommer 1953 erregte die Matthäuskirche
großes Aufsehen, und es setzte ein lebhafte Diskussion ein, die von begeisterter Zustimmung
bis hin zu heftigster Ablehnung reichte. Besonders Teile der Bevölkerung Pforzheims hatten
nach dem schmerzhaften Verlust ihrer Gebäude im Zweiten Weltkrieg Probleme, den neuen
Kirchenbau zu akzeptieren, da er nicht ihren Vorstellungen entsprach. Dieses Problem
artikulierte sich beispielsweise in Leserbriefen an die Pforzheimer Zeitung (15. Juli 1953,
20. Juli 1953), von denen hier zwei auszugsweise zitiert werden.
„Ich bin selbst durchaus für moderne Formen und kenne andere moderne Kirchen,
auch eine in Pforzheim, die dennoch den Beifall des Volkes finden. Aber diese neue
Kirche ist wahrlich hypermodern, sie ist so sehr „hyper“, daß sie geradezu unerträglich
ist. Daß dieser Kirchenbau eine andachtsvolle Stimmung vermitteln könnte, halte ich für ausgeschlossen, fühlt man sich doch eher in eine etwas seltsame Empfangshalle eines
Bahnhofes versetzt, zu welchem die eingebaute ,Ladenzeile‘ durchaus passen würde.
Was bedeutet – unter vielen anderen Rätseln – die Außenplastik an der Südseite?
Ist das ein Engel mit Düsenantrieb?“
„Wollte man diesen kalten durchlöcherten Betonklotz als Gotteshaus bezeichnen, dann
müßte man zugeben, daß sich auch der Begriff Gott dem Abstrakten zuwendet. Von der
modernen Kunst ist man ja schon manches gewöhnt, daß aber die Kirche solche
expressionistischen Erscheinungen mitmacht, ist uns unverständlich. Ein Trost, daß
in Deutschland auch noch andere Kirchen gebaut werden.“
Aber es gab auch Stimmen in der Bevölkerung, die das neue Bauwerk positiv beurteilten.
In einem anderen Leserbrief an die Pforzheimer Zeitung (20.Juli 1953) heißt es:
„Schon das wuchtige Kirchenportal beeindruckt sehr in seiner Einfachheit. Tritt man
dann in den Kirchenraum, ist man sehr erstaunt und erfreut über das warme Licht, das
die neuartige Bauweise diesem Raum schenkt. Erhaben und schlicht wirkt die Innen-
gestaltung durch diese Lichtwirkung. Nur eines mag uns vielleicht kühl und kalt scheinen,
das ist der Fußboden; er dürfte uns etwas freundlicher anblicken.“
Nicht nur in der regionalen Presse, sondern auch in nationalen und internationalen
Fachzeitschriften wurde übe die Kirche berichtet.
In einem Artikel der Zeitschrift Das Münster (7/ 1954) schreibt der Autor:
„(…) wir sind der Überzeugung, daß sich hier ein Weg öffnet, um aus den überlieferten Vorstellungen, die wir mit dem Kirchenbau verbinden, herauszugelangen. Der Mensch
wird wieder in eine ganz unmittelbare Beziehung zum Kultischen gebracht und die
Architektur begrenzt den Raum der Zwiesprache, umfängt, schließt ab, ist nicht
Repräsentation, sondern dienend.“
In Italien druckte die Zeitschrift domus (Nov. 1953) einen Artikel mit zahlreichen
Abbildungen über die Kirche, die Zeitschrift Life (Mai 1954) zeigte in ihrer internationalen
Ausgabe in einem Sonderheft über Deutschland eine Abbildung des Kircheninnenraumes.
Über die Gestaltung des Kirchenraumes mit den farbigen Gussglasscheiben urteilt die
Weltwoche (Nov. 1954) in Zürich:
„Der Gedanke Eiermanns ist einfach und überzeugend: Die Kirche als Ort der
Sammlung, der Versenkung ins Göttliche braucht keine Fenster. Wenn alle Kirchen der Vergangenheit trotzdem Fenster aufweisen, so deshalb, weit die damalige Bautechnik
keine andere Möglichkeit der Lichteinlassung gestattete. Da es unser heutiges Baumaterial
aber zuläßt, ohne Fenster auszukommen, warum soll sich ein Architekt dieser neuen
technischen Möglichkeit nicht genau so bedienen, wie die gotischen und barocken
Baumeister die ihrigen nutzten? Ich behaupte nicht, Eiermanns Pforzheimer Kirche
sei so schön wie ein gotisches oder barockes Gotteshaus. Aber was sollen Vergleiche?
Die erste Forderung, die sich dem Kirchenarchitekten stellt, ist Ehrlichkeit. Und wenn
er ehrlich ist, so kann er unmöglich einen Stil der Vergangenheit nachäffen. Es bleibt ihm
also gar nichts anderes übrig, als materialgerecht, als ,modern‘ , als so zu bauen, wie
Eiermann es in Pforzheim wagte. Das Unglück ist nur, dass man so lange zögerte,
dieser simplen Logik Folge zu geben.“
Aber auch in der Fachwelt gab es negative Beurteilungen. So meint die konservative Zeitschrift
Baumeister (1955):
„Ein Produkt des sturen Technizismus dient einer Gemeinde in Pforzheim als Kirche.
Sie entbehrt zwar der sonst üblichen Phantastik, aber auch jeden Funkens von Phantasie.
Das aufgehängte Loch über den drei Möbeln (Altar, Kanzel, Taufstein) vermag die
„Heiligkeit des Ortes“ nicht zu steigern.“
Die Matthäuskirche in Pforzheim gehörte Anfang der Fünfzigerjahre zu den wichtigsten
Kirchenbauten im Bundesgebiet und zahlreiche Besucher aus dem In- und Ausland kamen,
um sie zu sehen. Bis heute hat die Kirche nichts von ihrer Anziehungskraft verloren. Im Gegenteil:
Sie gilt heute wegen ihrer Architektur, ihrer Ausstattung und ihrem besonderen Bezug zur
Geschichte der Stadt Pforzheim (Verwendung von Trümmersplitt) als ein Kulturdenkmal von
besonderer Bedeutung.
Feierliche Einweihung der Matthäuskirche am 12. Juli 1953
Aufstellung vor dem Pfarrhaus Arlingerstraße 1.
|
Die Pfarrerschaft – erste Reihe von links: Dekan Merkel, Bischof Bender, Pfarrer Eiermann.
|
Die Kirchenältesten
|
Mädchenjungschar mit Gemeindehel
|