Am Donnerstag, 13.03.2008,
werden die ersten 13 Stolpersteine
in der Stadt Pforzheim verlegt.
von Gunter Demnig
Nachstehend der Zeitplan, wo und wann die 13 Stolpersteine in Pforzheim verlegt werden.
13. März 2008
9.00 Uhr Ebersteinstraße 18 – Stolperstein für Fred Josef
9.30 Uhr Schlossberg 11 – Stolperstein für Max Rödelsheimer
9.55 Uhr Zehnthofstraße 6 – Stolperstein für Eugen Weidle
10.20 Uhr Leopoldstraße 11 – Stolperstein für Luise Neuburger
10.45 Uhr Baumstraße 4 – Stolperstein für Adolf Rothschild
11.15 Uhr Westliche-Karl-Friedrich-Straße 53 – Stolperstein für Auguste Goldbaum
11.40 Uhr Jahnstraße 10 – Stolperstein für Alexandra Ripalo
12.15 Uhr Bleichstraße 84-86 – Stolperstein für Klara Müßle
12.50 Uhr Zerrennerstraße 29 – Stolperstein für Max Weißhaar
13.15 Uhr Platz der Synagoge – Stolpersteine für die Familie Eckstein,
namentlich für Albert, Felicitas, Lore und Martin Eckstein
Verlegt werden die Stolpersteine durch Gunter Demnig, Köln unter Anwesendheit der
drei Initiatoren der Pforzheimer Initiative Stolpersteine: Dr. Heinz Reichert, Dekan i.R.
Martin Schäfer und Hans Mann sowie unter Anwesendheit des Trägers der Initiative,
der Löblichen Singergesellschaft von 1501 Pforzheim, die durch ihre beiden Obermeister
Frank Hirschfeld und Claus Kuge vertreten werden.
Das Verlegen der Stolpersteine am Platz der Synagoge erfolgt unter Anwesendheit von
Vertretern der drei großen Religionsgemeinschaften, die beim Verlegen zum Gedenken an
die Opfer des Nationalsozialsozialismus Gebete und Psalmen sprechen. Namentlich werden
anwesend sein der Rabbiner Bar-Lev für die Israelitische Kultusgemeinde Pforzheim,
Pfarrer Dr. Friedrich Katz für die Evangelische Kirche in Pforzheim und Pastoral Referent
Tobias Gfell für die Katholische Kirche in Pforzheim.
19.00 Uhr PZ-Forum Ecke Post-/Luisenstraße
Gunter Demnig präsentiert persönlich sein Projekt der Pforzheimer Öffentlichkeit im
PZ-Forum. Aus Pforzheimer Sicht nehmen die lokalen Initiatoren Stellung zur Aktion und
Patenschaft und BM Gert Hager spricht zum Thema „Lernen aus der Geschichte“.
Hintergrundsinformationen
STOLPERSTEINE
HIER WOHNTE 1933-1945
EIN KUNSTPROJEKT FÜR EUROPA
VON GUNTER DEMNIG
Ein Projekt, das die Erinnerung an die Vertreibung und Vernichtung der Juden, der Zigeuner,
der politisch Verfolgten, der Homosexuellen, der Zeugen Jehovas und der Euthanasieopfer im Nationalsozialismus lebendig erhält.
Der Künstler Gunter Demnig, Köln, erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem
letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt.
Bis Ende September 2007 hat er ca. 12.500 Steine in 277 Ortschaften verlegt. Die ersten Steine
liegen in 12 Orten Österreichs und auch in Ungarn: in Budapest und 12 weiteren Orten.
“Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist”, sagt Gunter Demnig.
Mit den Steinen vor den Häusern hält er die Erinnerung an die Menschen lebendig, die
einst hier wohnten.
Quelle: www.stolpersteine.com
Die Pforzheimer Initiative Stolpersteine
Früher wohnten sie in ihren Häusern, vielleicht nebenan, die Opfer nationalsozialistischer
Verfolgung. Auch in unserer Stadt. Immer weniger Menschen erinnern sich noch daran.
Seit langem wissen wir, dass damals neben dem millionenfachen Mord an europäischen
Juden auch Sinti und Roma, geistig behinderte Menschen, psychisch Kranke, Homosexuelle,
Zeugen Jehovas, ausländische Zwangsarbeiter und politisch Verfolgte zu den Opfern zählten.
Die bundesdeutsche Nachkriegsgesellschaft ging der Auseinandersetzung mit ihrer national-
sozialistischen Vergangenheit weithin aus dem Wege. Weder das Ausmaß der Vernichtung
noch die grausamen Begleitumstände wurden somit angemessen verarbeitet.
Als der Kölner Künstler Gunther Demnig im Jahre 1995 sein Projekt „Stolpersteine“
entwickelte, wollte er vor allem in der jüngeren Generation ein neues Bewusstsein schaffen
für einen versöhnlicheren Umgang mit der Last der Vergangenheit. Künstlerisch gestaltete
Pflastersteine werden in Gehwegen verlegt in unmittelbarer Nähe zu den damaligen Wohnungen
oder Arbeitsstätten der Opfer. Jeder „Stolperstein“ trägt eine Messingtafel, auf der Name,
Lebensdaten und Schicksal vermerkt sind.
Diese knappen Hinweise entreißen die Toten einer rein statistischen Betrachtung und geben
ihnen menschliche Würde zurück. Nicht als Grab- oder Gedenksteine sind sie gedacht.
Sie wollen nicht die einstigen Täter anprangern oder gar eine ganze Generation von Mittätern
belasten. Als „Stolpersteine“ im übertragenen Sinn fordern sie unsre Aufmerksamkeit im
Vorübergehen. Sie wollen Fragen und Diskussionen auslösen.
Bis Ende September 2007 wurden in 277 Ortschaften in Deutschland, Österreich und Ungarn
rund 12.500 Stolpersteine verlegt. Vielfach haben Schulklassen Projekte gestaltet und dabei l
okale Vorgänge aufgedeckt. Auffallend war die Betroffenheit, mit der junge Menschen 60 Jahre
danach das Schicksal der Opfer nachempfinden und darüber nachdenken, wie das alles
überhaupt möglich wurde. Oft wird berichtet, dass ein neues Bewusstsein für demokratische
Wachsamkeit und Zivilcourage gewachsen ist.
Die Pforzheimer Initiative fand Anfang 2007 offizielle Unterstützung durch den Gemeinderat
der Stadt, nachdem jahrelange Nachforschungen einiger Bürgerinnen und Bürger mit
Unterstützung des Stadtarchivs, das auch selbst seit vielen Jahren über Verfolgung und
Widerstand forscht, zu verwertbaren Informationen geführt hatten. Es ehrt unsere Stadt, dass
sie sich des humanistischen Erbes ihres großen Sohnes Johannes Reuchlin erinnert.
In einer ersten Serie von 13 „Stolpersteinen“ wird das bundesweit gestreute Kulturprojekt
nun auch für die Pforzheimer Öffentlichkeit unmittelbar erfahrbar.
Getragen wird die Pforzheimer Aktion von der „Löblichen Singergesellschaft von 1501
Pforzheim“, weiterhin begleitet und unterstützt von dem kleinen Kreis der Pforzheimer
Initiatoren Dr. Heinz Reichert, Dekan i.R. Martin Schäfer und Hans Mann.
Die Aktion wird ausschließlich durch Spenden und Patenschaften von Einzelpersonen
oder Institutionen getragen.
Im Interesse einer nachhaltigen Wirkung für die Menschen in unserer Stadt und ihrer
Umgebung wirbt die Initiative gemeinsam mit der Löblichen Singergesellschaft von 1501
Pforzheim auch weiterhin für finanzielle und ideelle Unterstützung.
Eine alte jüdische Weisheit sagt:
„Das Geheimnis der Erlösung heißt Erinnerung.“
Die Initiative Stolpersteine in Pforzheim wird ausschließlich durch Spenden in jeder
Größenordnung finanziert.
Für das Verlegen eines Stolpersteins benötigen wir pro Stein € 150,- für die direkten
Herstell- und Verlegekosten in Höhe von € 95,- sowie die Neben- und Folgekosten
der Aktion.
Deshalb bitten wir an dieser Stelle Institutionen, Firmen und Privatpersonen um die
Übernahme einer direkten Patenschaft für einen Stolperstein in Höhe von € 150,-
Wenn Spenden und Patenschaften die Summe von 13x € 150,- überschreiten, werden sie
für das Verlegen weiterer Stolpersteine in Pforzheim verwendet. Die Öffentlichkeit wird
hierüber rechtzeitig informiert.
Spenden oder Patenschaftsüberweisungen erbitten wir auf das Konto der
Löblichen Singergesellschaft von 1501 Pforzheim
mit dem Verwendungs-Vermerk: Initiative Stolpersteine.
Sparkasse Pforzheim Nr. 1 810 5 10 (BLZ 666 500 85)
13 Stolpersteine erinnern an folgende Pforzheimer Opfer des Nationalsozialismus:
Stolperstein 1 Platz der Synagoge
Albert Eckstein, geb. am 4. April 1891, Jude, wohnte zuletzt im Gemeindehaus der
Jüdischen Gemeinde Pforzheim, am 22. Oktober 1940 nach Gurs und am 10. August 1942
nach Auschwitz deportiert, für tot erklärt.
Stolperstein 2 Platz der Synagoge
Felicitas Eckstein, geb. Freudenberg, geb. 26. November 1891, Jüdin, wohnte zuletzt
im Gemeindehaus der Jüdischen Gemeinde Pforzheim, am 22. Oktober 1940 nach Gurs
und am 10. August 1942 nach Auschwitz deportiert, für tot erklärt.
Stolperstein 3 Platz der Synagoge
Lore Eckstein, geb. 18. August 1921, Jüdin, wohnte zuletzt im Gemeindehaus der
Jüdischen Gemeinde Pforzheim, am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, verschollen.
Stolperstein 4 Platz der Synagoge
Martin Eckstein, geb. 15. August 1929, Jude, wohnte zuletzt im Gemeindehaus der
Jüdischen Gemeinde Pforzheim, am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Danach kam
er in ein Kinderlager in Frankreich, aus dem er gerettet wurde; lebte danach in New York/USA.
Stolperstein 5 Zerrennerstraße 29, vor VHS
Max Weißhaar, geb. am 12. April 1895, Jude, Vertreter, wohnte zuletzt in Pforzheim,
Zerrennerstraße 33, am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, am 21. Juni 1943 nach
Drancy, in Auschwitz gestorben.
Stolperstein 6 Baumstraße 4
Adolf Rothschild, geb. am 19. Juni 1869, Jude, Uhrenfabrikant, wohnte zuletzt in
Pforzheim, Baumstraße 10, am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert, verschollen.
Stolperstein 7 Schloßberg 11
Max Rödelsheimer, geb. am 1. November 1884 in Baisingen, Jude, Fotograf, wohnte
zuletzt in Pforzheim, Schloßberg 11, am 22. Oktober 1940 nach Gurs und am
6. August 1942 nach Auschwitz deportiert, für tot erklärt.
Stolperstein 8 Leopoldstraße 11
Luise Neuburger, geborene Strauß, geb. am 25. November 1864, Jüdin, wohnte
zuletzt in Pforzheim, Leopoldstraße 1, am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert,
dort am 21. Januar 1942 gestorben.
Stolperstein 9 Westliche Karl-Friedrich-Straße 53
Auguste Goldbaum, geb. am 1. Juli 1854 in Pforzheim, Jüdin, wohnte zuletzt in
Pforzheim, Westliche Karl-Friedrich-Straße 53, am 22. Oktober 1940 nach Gurs
deportiert, dort 1941 gestorben.
Stolperstein 10 Ebersteinstraße 18
Fred Josef, Sohn eines Juden und einer Christin, geb. 18. Oktober 1911,
Apotheker in Pforzheim, Regimegegner, St. Georgs-Pfadfinder, deportiert nach
Auschwitz, dort am 21. Oktober 1943 gestorben.
Stolperstein 11 Bleichstraße 84-86
Klara Müßle, geborene Vogt, geb. am 12. April 1902 in Pforzheim, Zeugin Jehovas,
arbeitete zuletzt in einem Unternehmen im Haus Bleichstraße 84-86, gestorben am
24. September 1942 in Auschwitz.
Stolperstein 12 Jahnstraße 10
Alexandra Ripalo, geb. 13. Mai 1918, Zwangsarbeiterin aus der Ukraine, wohnte
zuletzt in Pforzheim, Jahnstraße 10, gestorben am 20. Februar 1945 in Pforzheim
an Tuberkulose.
Stolperstein 13 Zehnthofstraße 6
Eugen Weidle, wohnte zuletzt Pforzheim, Große Gerbergasse 5, Regimegegner,
1936 auf der Flucht von Angehörigen der SA erschossen.
Karte: Amtlicher Stadtplan der Stadt Pforzheim, Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Stadt Pforzheim
Die Biografien und/oder Lebensdaten der Pforzheimer Opfer des Nationalsozialismus wurden für die Initiative Stolpersteine durch das Stadtarchiv Pforzheim recherchiert.