“Pforzheim – auf dem Weg zur interkulturellen Stadt”
Vortrag anlässlich der Jahreshauptversammlung der LÖBLICHEN SINGERGESELLSCHAFT
VON 1501 PFORZHEIM am 6. Januar 2014
Bürgermeisterin Monika Müller
Sehr geehrte Herren Obermeister Kuge und Hirschfeld,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Hager,
sehr geehrte Herren,
zunächst gratuliere ich allen neu- und wiedergewählten Obermeistern und Vorstandsmitgliedern
zu Ihrer Wahl und wünsche Ihnen eine erfolgreiche Amtszeit.
Ich freue mich, heute im Rahmen Ihrer Jahreshauptversammlung auf Wunsch von Herrn
Obermeister Kuge zum Thema Integration sprechen zu dürfen.
Ein derzeit sehr aktuelles Thema, wie nicht zuletzt die Auseinandersetzungen der neuen
Koalitionspartner auf Bundesebene zeigen – vor allem, wenn es darum geht, Zuwanderung
auch in Bezug auf unsere Sozialsysteme zu diskutieren.
Entsprechend gibt es in letzter Zeit viele Reden und Schriften zum Thema Integration.
Es gibt allerdings immer wieder Phasen, in denen ein bestimmtes Thema Hochkonjunktur hat:
so war vor etwa 20 Jahren viel zum Thema „demografischer Wandel“, vor etwa 10 Jahren einiges
zur „Globalisierung“ zu hören und das Thema Integration wird gerade von der Inklusionsdebatte –
also der Teilhabe für Menschen mit Behinderung- abgelöst.
Zumeist wird dem gerade aktuellen Thema dann der Zusatz „Herausforderung und Chance“
oder ähnliches beigefügt und die Ausführungen münden dann gerne in 7, 10 oder 12 Punkten,
deren Abarbeitung verspricht, das Thema dann „im Griff“ zu haben.
Es wäre schön, wenn die Welt so einfach wäre….aber so einfach ist sie eben nicht und eine so
einfache Welt, in der alle Schwierigkeiten und Fragen so ohne weiteres zu beantworten wären,
wäre wohl auch langweilig.
Und gerade langweilig ist auch Pforzheim nun wirklich nicht:
Pforzheim ist keine Stadt, die sich selbstzufrieden zurücklehnt, sondern die immer an sich arbeitet.
Auf der Suche nach einer eigenen Identität, die am 23. Februar 1945 zumindest in Teilen verloren
ging. Und gerade weil Pforzheim eine Stadt ist, die an sich arbeitet, lässt sie neu hinzukommenden Menschen die Chance und lädt geradezu dazu ein, sich einzubringen.
Damit bieten sich Pforzheim gute Chancen, zu einer interkulturellen Stadt zu werden.
Zu einer Stadt, die Menschen mitnimmt. In der sich Menschen gemeinsam auf den Weg nach einer gemeinsamen Identität machen.
Daher möchte ich in meiner Rede über den Integrationsbegriff hinausgehen und habe als Titel
„Pforzheim- auf dem Weg zur Interkulturellen Stadt“ gewählt.
Mit dieser Überschrift möchte ich eine Abgrenzung zu den Schlagworten wie „Integration- Herausforderung und Chance“ oder „Deutschland als Einwanderungsland“ treffen, denn damit
engen wir den Blickwinkel auf bereits hier lebende Menschen mit Migrationshintergrund ein und
verbauen uns zudem die Chance, das Thema Integration weiterzuentwickeln hin zur interkulturellen Zukunft, die vor uns liegt.
In meinem Vortrag werde ich aber zunächst schon auf das Thema Integration als Voraussetzung
für eine interkulturelle Gesellschaft eingehen und dazu eine weitergehende Definition des Begriffs
Integration vornehmen. Und dann aus diesem heraus Anregungen für die Gestaltung von Integration
und interkulturellem Zusammenleben in unserer Stadt entwickeln.
Aus meiner Sicht bietet sich das Thema interkulturelles Pforzheim übrigens für eine Jahreshauptversammlung der Löblichen Singergesellschaft von 1501 nicht nur an, sondern drängt sich geradezu auf: Denn letztlich war es ja vor allem das Überwinden von Standesgrenzen (die damals unsere Gesellschaft weitaus stärker trennten als wir uns das heute vorstellen können) und damit des jeweils eigenen Kulturkreises, die dazu führten, dass aus den „Singern“ eine Bruderschaft über Zunft- und Standesgrenzen hinweg wurde. Die gemeinsame Ehrerweisung für an der Pest Verstorbene war
somit die Geburtsstunde für eine lebendige Singergesellschaft als eine wichtige Säule der
Stadtgesellschaft.
Und es ist übrigens auch vollkommen schlüssig, dass Sie eine Frau dazu eingeladen haben, über die Entwicklung einer einstmals als homogen wahrgenommenen Stadtgesellschaft hin zur interkulturellen
Stadt, also zum gesellschaftlichen Wandel und zur Emanzipation (hier zunächst der Stadtgesellschaft,
der aber natürlich die Emanzipation der Frauen folgte) zu sprechen.
Denn es sollte nicht vergessen werden, dass vor der würdevollen Begleitung der Verstorbenen durch
die „Gründungsväter“ der Löblichen Singer oft wochenlange, aufopfernde Pflege und Fürsorge vorausgegangen war und diese damals wie heute überwiegend von Frauen übernommen wurde – von Müttern, Töchtern, Schwestern, Großmüttern und Enkelinnen. Frauen und Männer waren also schon damals vereint im gesellschaftlichen Wirken, auch wenn sie unterschiedliche Rechte genossen bzw.
gerade nicht genossen.
Vielleicht hätten diese Frauen damals, wäre es ihnen erlaubt gewesen, ebenfalls eine Gesellschaft
oder eine Schwesternschaft gegründet?
Wir werden es nicht mehr in Erfahrung bringen können, denn wenn es auch seinerzeit gelang, Standesgrenzen zwischen Bürgern – damals also ausschließlich freien Männern – zu überwinden,
so waren doch die eingeschränkten Rechte für Frauen noch viele Generationen lang fest zementiert
und Gründungen von Gesellschaften durch Frauen daher nicht möglich.
Bei aller geschlechterspezifischen Benachteiligung hätten es die Pforzheimerinnen des 16. Jahrhunderts aber gewiss für tröstlich und richtig empfunden, dass die von ihnen geliebten oder jedenfalls gepflegten Verstorbenen nicht nur würdig begraben wurden, sondern deren Tod Anlass für die Gründung und
das Fortbestehen der Singergesellschaft war und somit dazu beitragen konnte, den Gedanken des Zusammenhalts über zeitliche, politische und gesellschaftliche Grenzen hinweg zu stärken.
Dieser Gedanke sollte eine interkulturelle Gesellschaft prägen, vor allem aber gelebt werden.
Bevor ich nun auf die mögliche Ausgestaltung einer interkulturellen Stadt zu sprechen komme,
will ich vorab noch erläutern, was ich unter Integration und interkultureller Stadt verstehe:
1.Was verstehen wir unter Integration?
Integration ist vom lateinischen integratio (Erneuerung) abgeleitet und meint die Ausbildung einer Wertgemeinsamkeit unter Einbeziehung von Gruppierungen, die andere Wertehaltungen vertreten
oder, die aus den verschiedensten Gründen von dieser bislang ausgeschlossen waren und teilweise
in gesonderten Gemeinschaften zusammengefasst waren.
Integration hebt den Zustand der Ausgeschlossenheit (Exklusion) und des Ausgesondertseins
(Separation) auf. Integration beschreibt einen dynamischen und lange andauernden Prozess des Zusammenfügens und Zusammenwachsens.
Aus der Geschichte der Löblichen Singergesellschaft heraus ist meiner Ansicht nach nicht das
eher gebräuchliche, aber eingrenzende Verständnis der Integration von Menschen mit
Migrationshintergrund sinnvoll. Unser Integrationsbegriff sollte vielmehr alle Menschen in den Blick
nehmen, die sich außerhalb der gesellschaftlich dominierenden oder anerkannten Gruppierungen
beheimatet fühlen. Im Jahre 1501 wäre dies alle Nichtbürger gewesen – neben den Frauen also auch
unfreie oder nichtchristliche Einwohner oder Männer, denen die Bürgerrechte aberkannt wurden.
Rund 500 Jahre später richtet sich der Fokus noch immer auf alle erwachsenen Menschen ohne
Bürgerrechte – in Pforzheim leben immerhin etwa 23.000 erwachsene Einwohner ohne deutsche Staatsbürgerschaft und haben damit keine klassischen Bürgerrechte, können also keine gemeindlichen Ehrenämter bekleiden noch wählen. Zudem sind alle Menschen vom Integrationsbedarf umfasst, die behindert oder von Behinderung bedroht sind, ebenso hochbetagte Menschen mit Hilfebedarf,
chronisch Kranke aber auch langzeitarbeitslose Menschen oder Menschen mit unzureichender Alphabetisierung, ohne Schulabschluss oder ohne festen Wohnsitz.
Diese Aufzählung ist nicht abschließend, sie ist zeitlichen, gesellschaftlichen und politischen
Veränderungen unterworfen. Gemein ist all den genannten Menschen, dass sie teilweise dauerhaft, teilweise vorübergehend auf staatliche Sicherungssysteme zurückgreifen müssen, wo das familiäre
oder ehrenamtliche Engagement nicht greift, um ein Leben in der Gesellschaft führen zu können oder
sich diesem zumindest anzunähern.
Da jede einzelne der genannten Gruppierungen einen eigenen Vortrag verdient hätte, dies den
zeitlichen Rahmen sprengen würde und sich meine Worte heute nach den Wünschen der Obermeister
auf die Themen Integration- Migration beziehen sollen, werde ich mich im Folgenden auf die Integration von etwa 54.360 Menschen in Pforzheim konzentrieren, die über einen Migrationshintergrund verfügen.
Es ist mir aber wichtig – daher der Vorspann – Ihnen und uns allen deutlich zu machen, dass wir Integration neu begreifen müssen, wenn wir dafür sorgen wollen, eine gleichberechtigte Gesellschaft
zu haben, in und an der jeder teilhaben kann, der dies möchte.
Die Teilhabefähigkeit hängt nämlich, wie exemplarisch Studien über Bildungschancen von Kindern
zeigen, im Wesentlichen von der sozialen Herkunft ab – die ethnische Herkunft ist nicht so sehr entscheidend. Sie kann allerdings die soziale Ausgangssituation und die Chancen einzelner verschlechtern im Vergleich zu Menschen in ähnlicher Lebenssituation ohne erkennbare ausländische Wurzeln.
(Gerade z.B. was Chancen auf dem Wohnungs- oder Arbeitsmarkt betrifft, ist durch Studien belegt,
dass ausländische Namen eher nachteilige Auswirkungen haben.)
Zur Integration ist es aber zunächst erforderlich, die soziale Lebenslage jedes einzelnen in den Blick
zu nehmen und im Falle, dass der Migrationshintergrund ein bestimmender oder wesentlicher Faktor
dafür ist, dass diese Lage nicht als positiv beurteilt werden kann, muss dem Migrationshintergrund besondere Aufmerksamkeit zukommen. Diese Maßgabe angewandt ergibt, dass es in Pforzheim
vor allem unter den neu zugewanderten Menschen oder bei den aus nicht-europäischen Kulturkreisen stammenden Menschen migrationsbedingte Nachteile gibt, die es auszugleichen gilt.
Voraussetzung ist, dass Integration gemeinsames Ziel ist und grundsätzlich sowohl die zu integrierenden Menschen als auch die sogenannte Aufnahmegesellschaft integrationswillig und –fähig sind uns dies
auch voneinander annehmen. Integration gelingt nur, wenn sie gewollt wird – sie kann weder verordnet, noch gegen den Willen der Betroffenen (auf beiden Seiten) durchgesetzt werden und erfordert daher
ein gemeinsames Wollen und Handeln.
2.Was verstehen wir unter der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund?
Zunächst ist festzustellen, dass ein tatsächlicher Migrationshintergrund deutlich häufiger vorliegt als ein „gefühlter“ Migrationshintergrund. Dies liegt teilweise an der nicht hinreichend bekannten Definition
derer, die als „Mensch mit Migrationshintergrund“ in unseren amtlichen Statistiken auftauchen.
Migrationshintergrund hat demnach, wer nach 1949 auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zugewandert ist oder ein Elternteil hat, welches nach 1949 zugewandert ist oder
wer als Ausländer in Deutschland geboren ist oder ein Elternteil hat, welches als Ausländer in
Deutschland geboren ist.
Im Rahmen der Sozial- und Integrationsentwicklungsplanung haben wir 2012/ 2013 erstmals eine repräsentative Befragung der Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Stadt durchgeführt.
Es kam dabei zu zahlreichen Nachfragen von Menschen, die von ihrem Migrationshintergrund nichts wussten und erst durch den Fragebogen darauf aufmerksam wurden. Gerade die Kinder, bei denen beispielsweise ein Elternteil in Deutschland geborener Ausländer oder Spätaussiedler ist, fühlen sich
oftmals nicht als Migranten und können diese Zuordnung kaum nachvollziehen.
Zahlenmaterial
In Pforzheim leben etwa 118.000 Menschen, davon 54.360 mit Migrationshintergrund (46,1 %), 23.560 ohne deutsche Staatsangehörigkeit (20% der Gesamtbevölkerung- 43,3% derer mit Migrationshintergrund).
Die Gruppe der Menschen mit Migrationshintergrund umfasst auch 19.200 Aussiedler und Spätaussiedler (16,3 % der Gesamtbevölkerung- 35,3% der Migranten)
Die Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind:
5.440 türkische Staatsangehörige
3.686 italienische Staatsangehörige
1.822 irakische Staatsangehörige (seit 2011 wenig Zunahme)
1.306 kroatische Staatsangehörige
1.310 serbische Staatsangehörige
1.213 rumänische Staatsangehörige (deutliche Steigerung seit 2011)
Je um die 1000 polnische (deutliche Steigerung seit 2011) und portugiesische sowie
knapp 700 russische Staatsangehörige
Bei den 0-13 jährigen in Pforzheim haben über 71 % einen Migrationshintergrund.
Im Jahr 2012 sind 3.790 Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit zugezogen
(plus 16% im Vergleich zu 2011).
Die teilweise schon sehr lange hier lebenden Menschen, zumal die grundsätzlich deutschsprachigen Aussiedler, mit neu zugewanderten Menschen beispielsweise aus dem Irak zu vergleichen und in eine Gruppe zu fassen, ist nur schwerlich möglich. Hier wird deutlich, dass der geläufige Migrationsbegriff Fragen und damit auch Handlungsbedarfe offen lässt und die Integration verschiedener Gruppierungen unterschiedlich umgesetzt werden kann und muss, wenn sie gelingen soll.
Bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ist allen Gruppierungen aber gemein,
dass dazu zunächst Annäherung, gegenseitiger Auseinandersetzung, das Herausfinden von Gemeinsamkeiten, das Feststellen von Unterschieden und die Übernahme gemeinschaftlicher Verantwortung zwischen Zugewanderten und der aufnehmenden Mehrheitsbevölkerung erforderlich
ist. Im Gegensatz zur völligen Anpassung in Form der Assimilation verlangt Integration gerade nicht
die Aufgabe der eigenen kulturellen Identität, sondern lässt kulturelle Vielfalt zu.
Zunächst möchte ich unseren Blick auf die Menschen richten, die bereits bei uns leben und später
noch auf die Menschen eingehen, die gerade erst angekommen sind oder in Zukunft zu erwarten sind. Letztere Gruppe umfasst insbesondere auch Asylbewerber und Flüchtlinge, aber ebenso
Zuwanderung von Arbeitssuchenden aus den EU-Ländern, nicht zuletzt aus den Ländern, in denen
seit wenigen Tagen volle Arbeitnehmerfreizügigkeit herrscht.
Die Integration von bereits hier lebenden Menschen mit Migrationshintergrund wird durch die Aufgeschlossenheit der Aufnahmegesellschaft gegenüber Zugewanderten und den nachfolgenden Generationen geprägt. Soll eine Integration von Menschen mit Migrationshintergrund gelingen, ist es erforderlich, Voraussetzungen zur Teilhabe an gemeinschaftlichen Gütern und Aktivitäten zu schaffen, insbesondere der gleichberechtigte Zugang zu Bildung und auf den Arbeitsmarkt und den
Wohnungsmarkt ist wichtig. Räumliche aber auch soziale Segregation kann durch eine gleichmäßige Verteilung bei der Vergabe von öffentlichen Wohnungen, durch geeignete städtebauliche Maßnahmen
und durch die Einbeziehung von Zuwanderern schon in der Stadtplanung vermieden bzw. abgebaut werden.
Eine Schlüsselrolle beim Zugang zur Bildung kommt der Sprache zu: Der Erwerb und die weitgehende Beherrschung der Sprache sowie Interesse und Aufgeschlossenheit gegenüber der Kommunikation
mit der Aufnahmegesellschaft sind wichtige Erfolgsfaktoren für die Integration. Nur mit ausreichenden Sprachkenntnissen kann auch ein chancengleicher Zugang zu Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen gelingen. Auch für die Arbeitsaufnahme ist der Spracherwerb wesentliche Voraussetzung, gerade
wenn es darum geht, eine Tätigkeit ausüben zu können, die jenseits von prekärer, schlecht bezahlter Beschäftigung liegt und ein eigenständiges Leben ermöglicht.
Schulen oder Klassen mit einem hohen Anteil an Migrantenkindern führen oft zu einer sozialen
Segregation und lassen angesichts der immer noch geringen Übergangszahlen an Realschule oder Gymnasium befürchten, dass Kinder den Bildungsanschluss an die Mehrheitsgesellschaft verpassen
oder nur schwer finden. Die bessere Verwirklichung von Bildungschancen muss durch die Stadt im Rahmen der Schulentwicklungsplanung angegangen werden und auch die Frage nach einer Änderung
der Einteilung von Schulbezirken zulassen, wenn es darum geht, Integration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe und damit über alle Stadtteile, Schularten und Schulstandorte hinweg zu begreifen.
Als Sportbürgermeisterin liegt mir das Thema Integration durch Sport besonders am Herzen – hier ist
es wichtig, bereits Kinder und Jugendliche einzubinden- möglichst in Vereine, die nicht überwiegend
oder ausschließlich Mitglieder nur einer Nationalität bindet. Aber auch Angebote für zugewanderte
Frauen und Männer, die auf kulturelle Besonderheiten Rücksicht nimmt, sollten ausgebaut und
aufgebaut werden (Frauenschwimmen, Radfahrkurse für Frauen etc). Die Sportförderung der Stadt
sollte, so auch die bisherigen Aussagen in den Arbeitsgruppen der derzeit laufenden Sportentwicklungsplanung, integrationsförderndes Engagement anregen oder honorieren.
Ähnliches wäre vielleicht auch für den Kulturbereich oder auch im Bereich von Städtebauförderung
oder der Wirtschaftsförderung denkbar.
Ebenso wichtig ist aber auch, den öffentlichen Raum stärker in den Blick zu nehmen:
In Pforzheim leben 46,1 % Menschen mit Migrationshintergrund, denen es teilweise gelungen ist
oder gelingt, die Kulturidentitäten ihrer Herkunftsgesellschaft aufrechtzuerhalten und zu pflegen.
Neben einer zugleich durchaus gelingenden Integration nach außen kann dadurch zugleich eine
„Integration nach Innen“ auftreten, in der Orte und kulturelle Kreise mit einer eigenen Sprache
und einem eigenen Markt von Dienstleistungen und Kulturangeboten aufgebaut werden, in die
dann neu hinzukommende Einwanderer schnell aufgenommen werden, ohne tatsächlich innerhalb
der Gesellschaft integriert zu sein, d.h. sogenannte Parallelgesellschaften entstehen. In Pforzheim sind Tendenzen dazu beispielsweise auf dem Haidach erkennbar, aber auch in einigen Bereichen der
Innenstadt. Hier sollten Anreize für eine interkulturelle und damit nicht kulturspezifische Versorgung
mit Dienstleistungen und Waren gesetzt oder gegebenenfalls auch Regelungen im Rahmen eines Märktekonzepts geschaffen werden, um diese Tendenzen zu verhindern.
Einen hohen Stellenwert für die Integration von Menschen mit einem Migrationshintergrund nimmt die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit ein. Der Gesetzgeber sieht in der Annahme der Staatsbürgerschaft nicht nur die Begründung der rechtlichen Mitgliedschaft im deutschen Staat
verbunden, sondern auch das Bekenntnis zur deutschen Rechts- und Kulturgemeinschaft und wertet
dies als Ausdruck für eine erfolgreiche Integration. Meiner Ansicht nach kann eine Staatsbürgerschaft Integration bedeuten, muss dies aber nicht zwangsläufig und auch der Umkehrschluss ist nicht
zutreffend, da keine deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen oder anzustreben nicht zugleich
bedeutet, desintegriert zu sein. Die Einbürgerungsquote ist in Pforzheim mit etwa 300 – 350 Einbürgerungen jährlich eher niedrig, lässt aber wie soeben gesagt nicht darauf schließen, ob
Integration gelingt.
Ob Integration gelungen ist, ist nur bedingt messbar. Bei Kindern lässt sich das Maß an Integration
laut der Bertelsmann Stiftung am Geburtstagseinladungsindex ablesen- also danach, wie viele Kinder
ohne Migrationshintergrund zum Kindergeburtstag eines Kindes mit Migrationshintergrund eingeladen werden und wie viele Einladungen ein Kind mit Migrationshintergrund von Kindern ohne diesen Hintergrund erhält. Je höher und je ausgewogener dieses Verhältnis ist, umso gelungener ist die
Integration. Wenn dann noch der Migrationshintergrund der Gäste ein möglichst vielfältiger ist,
steht einer interkulturellen Party nichts im Wege.
Bei Erwachsenen ist es nicht ganz so einfach. Hier hilft ein Blick in die Zeitung, besonders gelungen
waren dazu die Artikel aus der Integrationsreihe in der Pforzheimer Zeitung im vergangenen Jahr,
die ich ausgesprochen hilfreich fand. Darin werden viele individuelle Integrationsleistungen von Zuwanderern, Pforzheimerinnen und Pforzheimern dargestellt und ich kann sie nur jedem ans Herz
legen, der sich für die Menschen mit Migrationshintergrund in unserer Stadt interessiert und im Alltag wenig Gelegenheiten hat, mit zahlreichen anderen Nationalitäten, Kulturen und Werten in Berührung
zu kommen. Interessant ist aber auch ein Blick auf die Abo-Zahlen oder die Leserschaft der
Zeitungen – wie hoch ist hier der Anteil derer mit Migrationshintergrund?
Zum Stand der Integration in Deutschland war jüngst auch in der Wochenzeitung „Die Zeit“
am 19. Dezember ein gelungener Gastbeitrag von Aladin El- Mafaalani (Professor für Politik-
wissenschaften, Fachhochschule Münster) zu lesen.
Die Überschrift lautete:
„Das Einwanderungsland wird erwachsen“
Er stellt darin die These auf: Die Integration von Migranten in Deutschland verläuft sehr gut.
Nur wird sie anders wahrgenommen. Eine Mischung aus Naivität und Kulturangst sei der Grund.
El- Mafaalani fragt: „War alles vor 15 oder gar 30 Jahren besser? Nein. Zwar sind Migranten
und ihre Kinder im Bildungswesen und auf dem Arbeitsmarkt noch längst nicht den sogenannten Biodeutschen gleich gestellt, aber in allen Branchen sehen wir heute erfolgreiche Menschen mit Migrationshintergrund. Sie sind keine Ausnahmen mehr. Noch vor zehn Jahren war das
undenkbar. Und Jahr für Jahr verbessern sich die Teilhabechancen deutlich. Gleichzeitig
bestimmt eine genau entgegengesetzte Wahrnehmung den Diskurs. Warum?
Bis in die neunziger Jahre konkurrierten zwei Idealbilder. Das eine verhieß, wir lebten
ausdrücklich nicht in einem Einwanderungsland – vielmehr sollten die arbeitenden Gäste in
ihre Heimat zurückkehren oder durch unsichtbare Assimilationskräfte zu Deutschen werden.
Die Anhänger des zweiten Idealbildes beschworen den Multikulti-Kult, in dem kulturelle Vielfalt unter einem Dach etwas Tolles ist. Diese Positionen sind zwar extrem unterschiedlich, aber an zentralen Stellen identisch. Einigkeit herrschte erstens darin, dass man nichts tun muss, um Migranten zu integrieren, und zweitens, dass sich die sogenannte Mehrheitsgesellschaft nicht ändern muss und wird. Drittens gingen beide Positionen davon aus, dass eine konfliktfreie Gesellschaft in Harmonie und Gleichgewicht das Ideal darstelle. Insbesondere die letztgenannte Idee hat noch immer nachhaltige Folgen.
Etwa mit der Jahrtausendwende änderten sich diese Idealbilder. Es hatte sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist. Und damit war jedem klar, dass es einer aktiven Integrationspolitik bedarf. Interreligiöse Dialoge und Integrationsgipfel wurden organisiert, Migrations- und Integrationsbeauftragte installiert, Preise verliehen, Bildungsoffensiven gestartet.
Außerdem wird in der Öffentlichkeit nach wie vor an der Idee festgehalten, erfolgreiche Integrationspolitik führe zu einer harmonischen Gesellschaft. Diese Annahme verstärkt
jedoch dauerhaft die Diskrepanz zwischen messbarer Integration und Alltagswahrnehmung.
Denn je mehr Migranten erfolgreich im Bildungssystem sind und am Arbeitsmarkt teilhaben,
desto mehr werden sie auch in ihrer Fremdheit gesehen. Wenn Frauen mit Kopftuch häufiger wahrgenommen werden, liegt das nicht daran, dass sie mehr geworden sind. Ein Kopftuch-Streit entsteht erst dann, wenn Studierende oder Akademikerinnen eines tragen und in gehobenen Positionen arbeiten wollen.
Verteilungs- und Interessenkonflikte nehmen nicht trotz, sondern wegen erfolgreicher Integration zu, einfach weil viel mehr Menschen teilhaben wollen und können. Gelungene Integration erkennt man nämlich nicht daran, dass sich Menschen vorschreiben lassen, wie sie zu leben haben, sondern daran, dass sie selbstständig und selbstbewusst mitgestalten, eigene Ansprüche formulieren und Einspruch erheben. Die daraus entstehenden Konflikte können, wenn sie konstruktiv bearbeitet werden, zu gesellschaftlichem Fortschritt führen.
Sein Fazit: Die deutsche Einwanderungsgesellschaft wird erwachsen, die Pubertät ist keine konfliktfreie Zeit, aber eine wichtige. Wer Kinder hat, kann ein Lied davon singen.
Derzeit scheint aber vor allem harmonisches Wohlfühlen ein starkes Bedürfnis zu sein.“
Die Integration ist demnach auf einem guten Weg – zumindest was die hier bereits lebenden
Menschen betrifft. Ich denke, allein durch das Eingeständnis aller demokratischen Parteien, dass Deutschland Einwanderung erfährt, Einwanderungsland ist und aufgrund es Geburtenrückgangs auch
in Zukunft auf Einwanderung angewiesen sein wird, hat sich einiges in unseren Köpfen bewegt.
An der Umsetzung hapert es mitunter noch und wo es um die Finanzierung geht, werden Verantwortlichkeiten noch allzu oft zwischen den Ebenen verschoben. Meiner Ansicht nach muss
jede staatliche Ebene zur Integration so weit wie möglich und nicht nur so weit wie nötig beitragen,
denn erfolgreiche Integration ist im gesamtgesellschaftlichen Interesse. Daher sind auch Wirtschaft
und Verbände, Kirchen und Gruppierungen gefordert und tun dies oftmals auch. Nicht überfordert
werden darf das gesellschaftliche Engagement- dieses sollte vielmehr auch Heimat für Menschen mit Migrationshintergrund sein und nicht wie bislang oftmals ausschließlich als Integrationsunterstützung (Lesepaten, Lernbegleitung, Wegbereiter, Stadtteilbotschafter etc.) dienen.
Überfällig scheint mir die rechtliche Einordnung von Integration- diese gilt noch immer als „freiwillige“ kommunale Leistung, obwohl wir alle anerkennen, dass sie dringend notwendig und im gesamtgesellschaftlichen Interesse ist. Daher sollte Integration als Pflichtleistung anerkannt und entsprechend mit Mitteln aus Bund und Land versehen werden.
Die Integration der derzeit und künftig zuwandernden Menschen ist aktuell ein viel diskutiertes Thema,
da zum einen die Zahl der Asylbewerber und Zuwanderer deutlich ansteigt, die Versorgung insbesondere mit Wohnraum für die Kommunen sehr beschwerlich ist und zudem eine Verbesserung der Situation
durch Landesgesetzgebung zusätzliche Anforderungen an die Kommunen stellt (Raumgröße aber
auch Betreuung, Psychische Behandlung, Zugang zu ÖPNV etc). Hier sind, wie jüngste Diskussionen
bei der geplanten Unterbringung in einem ehemaligen Altenheim in einer Enzkreisgemeinde zeigen,
deutliche Vorbehalte in der Bevölkerung zu spüren. Stichworte aus dem politischen Raum wie die Bezeichnung als Armutsmigranten und unterstellter Sozialmissbrauch tragen dazu bei, zu verunsichern
und zu polarisieren.
Wichtig ist meines Erachtens, als gesellschaftliche Gruppierung und als politisch Handelnde die hier
lebende Bevölkerung in ihren Ängsten grundsätzlich ernst zu nehmen, aber auch deutlich zu machen,
dass Integration keine Aufgabe ist, die der Staat allein bewältigen kann. Integration braucht die
Mehrheit der Bevölkerung und ist auch im Interesse der Bevölkerung (Stichwort Fachkräftemangel).
Aber sie ist eben nicht damit „erledigt“, die hier bereits lebenden Menschen anzunehmen, sondern ist
ein fortlaufender Prozess mit immer wieder neu hinzukommenden Akteuren. Integration kann nicht vollendet werden oder gar nur die Menschen umfassen, die bereits bei uns leben. Es zeigt sich sogar,
dass mitunter die Kinder gut integrierter Zuwanderer selbst nicht integriert sind und weder Sprache
noch Kultur annehmen wollen bzw sogar aktiv ablehnen (siehe vereinzelte Beispiele von islamistischen Jugendlichen). Integration wird also nicht einfach weitervererbt.
Integration setzt daher eine auf Dauer angelegte Haltung und die Bereitschaft der Aufnahmegesellschaft voraus, sich an schnell verändernde Gegebenheiten anzupassen- sowohl was die Zahl der zuwandernden Menschen als auch ihre Herkunft und kulturelle Prägung anbelangt.
Das ist nicht immer einfach und es bedarf für die neu zugewanderten Menschen zahlreicher Unterstützung, die sich von der Unterstützung der bereits hier seit längerem lebenden Menschen unterscheidet:
Wichtig sind neben einem zügigen Asylverfahren die medizinische und psychologische Betreuung vor
allem bei Flüchtlingen, der schnellstmögliche Zugang zu Sprachkursen und auf den Arbeitsmarkt, der rasche Übergang von Wohnheimen in individuelle Wohnformen. Für Menschen mit traumatischen Erfahrungen muss entsprechende und rasche Unterstützung geboten werden.
Der Schulbesuch oder der Besuch von Kinderbetreuungseinrichtungen ist wichtig- und zwar möglichst zusammen mit Kindern mit und auch ohne Migrationshintergrund. Zudem Kurse, die über die Sprachvermittlung hinausgehen und Alphabetisierung oder Werte vermitteln.
Jede Stadt, auch unsere, kann und muss hier investieren und wird dies aufgrund der steigenden Zuwanderung in den kommenden Jahren auch tun (müssen). Ich gehe davon aus, dass die Zahl der zuwandernden Menschen auch in den kommenden Jahren nochmals steigen wird und unsere Stadtgesellschaft sich darauf schon heute einstellen sollte. Konkret bedeutet dies, dass die derzeit l
aufende Sozial- und Integrationsentwicklungsplanung das Thema Zuwanderung stärker und unter dem Aspekt der Neuzuwanderung aufgreifen muss und Integrationsleistungen im Bereich Soziales, Bildung, Bauen und Städtebau zunehmen werden müssen. Ich hoffe noch immer und setze mich dafür beim
Land ein, dass gerade im Bildungsbereich die Ausstattung der Schulen mit Lehrerdeputaten (und ggf. künftig auch der Hochschulen) die Kinder mit Sprachförderbedarf (das meint allerdings auch Kinder
ohne Migrationshintergrund mit unterdurchschnittlichen Sprachkenntnissen bzw.-fähigkeiten) und vor
allem ohne deutsche Sprachkenntnisse künftig stärker berücksichtigt.
Sie sehen, Integration- gerade auch der Neuzugewanderten- braucht einen Instrumentenkasten, aus
dem wir uns bedienen können- aber dieser muss immer wieder erneuert, gut gewartet und verändert werden können, denn es gibt immer wieder neue Bedarfe. (Vgl zum Beispiel die Zuwanderung der
Yeziden insbesondre von 2010 bis 2012)
Wie entsteht eine interkulturelle Stadt?
Nun stellt sich die Frage, wie eine interkulturelle Stadt entstehen kann?
Eine interkulturelle Stadt ist davon geprägt, Vielfalt zu fördern und anzuerkennen.
Vielfalt, inzwischen unter dem Begriff Diversity verbreitet, meint Vielfalt in jeder Hinsicht und nicht
lediglich die ethnische Herkunft. Vielleicht lässt sich die Vielfalt am ehesten unter Rückgriff auf das Allgemeine Gleichheitsgesetz definieren, d.h. Vielfalt wird durch unterschiedliche Herkunft nach
Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung,
einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität aufgefasst. Es geht also sowohl um die Integration der Menschen mit Migrationshintergrund, aber ebenso um alle anderen, die aufgrund
anderer Merkmale nicht so an unserer Gesellschaft und dem Stadtleben teilnehmen können, wie sie
dazu von ihren Fähigkeiten (ggf auch mit Unterstützung) her in der Lage wären.
Einige Städte haben bereits interkulturelle Vielfalt als Leitbild verankert (Essen, Münster) und setzen
dieses auch aktiv um. Ich könnte mir vorstellen, dass dies auch in Pforzheim möglich ist, zumal der Masterplan entsprechende Anregungen enthält(„Die Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben ist gewährleistet“).Die gelingende Integration der hier lebenden und zuwandernden Menschen ist eine Voraussetzung dafür, Vielfalt anzuerkennen und interkulturelles Leben als Bereicherung und nicht als mögliche Bedrohung zu begreifen
In einer interkulturellen Stadt Pforzheim wird Vielfalt als normal betrachtet und das kulturelle Erbe
und die kulturelle Identität aller Einwohner (nicht nur der Bürger) anerkannt, ein interkulturelles
Pforzheim soll durch öffentliche Räume, Schulen, Wohnräume, Arbeitsplätze und sportlichen und kulturellen Austausch Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen Gelegenheit bieten, zusammenzukommen, sich auszutauschen und in kreativer Weise gemeinsam zu handeln,
und zudem sind vielfältige Menschen beteiligt – am öffentlichen Diskurs, an Entscheidungsprozessen
und in Gremien (wie dem Gemeinderat oder Jugendgemeinderat) und diese spiegeln die Vielfalt der Kulturen innerhalb der Gesellschaft wider, wobei kulturelle Konflikte akzeptiert und gemeinsam überwunden werden. Auch die Verwaltung müsste interkulturell werden und sich diesem Thema
stärker widmen.
Voraussetzung ist auch, dass Entscheidungsträger aus Politik, Wirtschaft, Medien und Gesellschaft
fördern und dazu ermutigen, sich an der Entwicklung einer gemeinsamen Identität für ein
„interkulturelles Pforzheim“ zu beteiligen.
(Mehr Menschen mit Migrationshintergrund in kommunale Gremien, Ämter und auch in
Aufsichtsräte, Vorstände, Medien etc)
Manches von den Meilenstein hin auf dem Weg zu einer interkulturellen Stadt ist bereits umgesetzt,
einiges in Arbeit, vieles noch Vision. Der Masterplan war der erste Aufschlag hin zur Entwicklung
einer gemeinsamen Identität. Allerdings war die Beteiligung nur bedingt vielfältig und nicht so sehr
auf die interkulturelle Zukunft gerichtet, sondern eher auf einen überschaubaren Zeitrahmen bis 2025.
Um eine interkulturelle Strategie zu entwickeln, politische Maßnahmen entsprechend anpassen und öffentliche Räume und Einrichtungen sowie die Beziehungen zwischen verschiedenen Gemeinschaften entsprechend gestalten bedarf es eines Zusammenwirkens aller Akteure in unserer Stadt.
Pforzheim kann zu einer interkulturellen Stadt werden, wenn wir
von der Bürgergesellschaft zur Einwohnergesellschaft werden, getragen nicht nur vom bürgerschaftlichen Engagement, sondern vom Engagement aller für eine gemeinsame Identität und eine gemeinsame Zukunft.
Ein aktives Mitwirken auch der Menschen mit Migrationshintergrund ist dabei unabdingbar – bei unserer Befragung gaben 77% der Menschen mit Migrationshintergrund an, sich als Pforzheimer/in zu fühlen,
nur 10 % fühlten sich hier fremd. Damit ist ein erkennbar großes Potenzial für eine gemeinsame Identität gegeben. Daran sollten wir anknüpfen!
Was hat der 6. Januar mit der interkulturellen Stadt zu tun?
Bevor ich mit meiner Rede zum Ende komme, lassen Sie mich noch kurz auf die Bedeutung des
heutigen Tages zu sprechen kommen, denn der 6. Januar steht für mehr als nur für drei Reisende
aus dem Morgenland.
Die Heiligen drei Könige waren ja aufgebrochen, um aus heutiger Sicht ein Flüchtlingskind willkommen
zu heißen und boten ihm Weihrauch, Myrrhe und Gold als Starthilfe dar.
Sie kamen aus verschiedenen Ländern und reisten gemeinsam: Sie überwanden Grenzen in religiöser,
in räumlicher ,in ethnischer und in hierarchischer Hinsicht, um zu erkennen, dass es letztlich allen um
das gleiche ging: Friede, Nächstenliebe und Zukunft (durch die nächste Generation).
Ziele, die bis heute überall auf der Welt gelten.
Die drei gingen im gleichen Tempo und kamen zugleich an – auch das sind wesentliche Merkmale einer interkulturellen Gesellschaft: keinen zurücklassen und achtsam sein, auf das Tempo des anderen eingehen und Rücksicht nehmen. Und es lässt sich sogar das etwas zu viel zitierte Wort der Willkommenskultur
mit dem Lobpreisen und Begrüßen des neugeborenen Kindes verbinden.
Würden die Heiligen Könige heute zu uns kommen, sollten sie uns drei andere Gaben bringen, um
gerade den Kindern in unserer Stadt ein gutes Aufwachsen und die erforderliche Integration zu ermöglichen und damit die Wurzeln für eine interkulturelle Gesellschaft und Stadt zu festigen:
Ein gesundes Selbstbewusstsein, Toleranz und Geduld:
Nur eine Stadt, die von den darin lebenden Menschen mit einem gesunden Selbstbewusstsein
als „ihre“ Stadt angenommen wird, kann auch anderen zur Heimat werden.
Daher halte ich es für wichtig, dass schon unsere Kinder Pforzheim annehmen und schätzen lernen
und „ihre“ Stadt dann auch mit anderen teilen können und wollen.
Toleranz brauchen wir tagtäglich – innerhalb der Familie, am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft und
ganz besonders dort, wo noch unterschiedliche Prägungen durch Kultur und Sprache hinzukommen. Toleranz und Nächstenliebe sind die Grundpfeiler einer interkulturellen Stadt.
Naja und Geduld – die mir persönlich nicht in die Wiege gelegt wurde – Geduld brauchen wir auch:
mit uns selbst, den Menschen die zu uns kommen und denen, die hier bereits leben.
Wichtig ist dabei, Geduld zu üben und trotzdem immer wieder Einsatz zu zeigen und sich zu motivieren. 77% Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die sich als Pforzheimer fühlen, sind Ermutigung und Mahnung zu gleich – denn 23% müssen wir noch gewinnen…und manch alt eingesessenen Pforzheimer vielleicht auch.
Der 6. Januar ist damit nicht nur der Tag der Heiligen Drei Könige und der Jahreshauptversammlung
Ihrer Singergesellschaft, sondern auch ein Tag, um inne zu halten und uns selbst zu fragen, welche
Gaben jeder für sich einbringen kann, um Kindern und ihren Eltern jedweder Herkunft eine Heimat
zu bieten und sie willkommen zu heißen?
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Es gilt das gesprochene Wort)
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