Das 17. Jahrhundert
“Nun laßt uns den Leib begraben”
zum Gesang der Singergesellschaft im 16. und 17. Jahrhundert
Die Singergesellschaft ist kein Gesangverein. Dafür spricht schon ihr Alter. Gesangsvereine entstanden erst im 19. Jahrhundert. Auch die Herleitung der Singer aus dem Meistersang, der im 16. und 17. Jahrhundert auch in Pforzheim gepflegt wurde, widerspricht der singerinternen Überlieferung. Vor allem Handwerker organisierten sich in Dichterzünften, den “Meistersingerschulen”, um unter Beachtung strenger Regeln Lieder zu verfertigen und vorzutragen.
Die Singer waren weder “Meistersinger” … hier in der “Singschule”,
Darstellung des frühen 17. Jahrhunderts
Ursprung des Namens
Der Ursprung des Namens liegt vielmehr im mittelalterlichen Totengeleit begründet, das stets mit dem Abgesang von religiösen Liedern verknüpft war. Lateinschüler, aber auch die Geistlichen selbst, begleiteten die wohlhabenderen Verstorbenen auf ihrem letzten Weg mit lateinischen, z.T. mehrstimmig-figuralen Gesängen. Von zentraler Bedeutung – auch in Pestzeiten – waren die Bußpsalmen, die das “gemeine” Volk auch aus zahlreichen Prozessionen kannte und mitsingen konnte. Daneben existierten volkssprachliche Toten- und Begräbnislieder.
… noch galante Sänger in der Gartenlaube.
Holzschnitt aus dem Ständebuch von Jost Amman, 1568
Der Grabgesang der Singer
Die Pestbruderschaften hatten spezielle Lieder, in denen sie ihre Patrone um Fürsprache baten: z.B. Sebastianslieder. Der Gesang der ersten Pforzheimer Singer mag aus diesen Quellen geschöpft haben – aus Bußpsalmen und volkssprachlichen Pest- und Totenlieder in einfachen, einstimmigen Formen. Nach der Reformation fanden die Grablieder der evangelischen Gesangbücher Verwendung, darunter die aus dem 15. Jahrhundert stammende Übersetzung des lateinischen Wechselgesangs “Media vita in morte sumus”. Laut Badischer Kirchenordnung von 1556 war das von Luther um zwei Strophen erweiterte “Mitten wir im Leben sind, mit dem Tod umfangen” das damals bevorzugte Begräbnislied. Der Grabgesang der Singer läßt sich bis in die Zeit zum Beginn dieses Jahrhunderts nachweisen.
“Ein fein Christlich Lied”
Martin Luther, 1580